Neue Rechtspartei in Hamburg

Schill out

Seit dem 14. Juli können die Hamburger Bürger wieder ruhig schlafen. An diesem Tag stellte der umstrittene Amtsrichter Ronald Barnabas Schill seine »Partei Rechtsstaatliche Offensive« (PRO) vor - ein Jahr vor den Bürgerschaftswahlen in der Hansestadt.

»Wenn wir in der Regierungsverantwortung sind«, verspricht der neue Parteivorsitzende, »werden wir binnen 100 Tagen die Zahl der Verbrechen in Hamburg halbieren.« Schnelles Handeln sei wichtig, gerade gegen die »verheerenden Zustände in Hamburgs Justiz« und die täterfreundliche Rechtsprechung in Deutschland. Schließlich will man auch bei »Chaoten« und »ausländischen Banden« richtig durchgreifen können.

Der Richter will mit seiner Offensive groß rauskommen: 30 Prozent der Stimmen könne die neue Partei erhalten, glaubt der Richter, auch eine Koalition mit der CDU sei denkbar. »Wir wollen Verantwortung übernehmen, weil wir unseren Ankündigungen Taten folgen lassen wollen.« Bei solchen Tönen jubelt auch die rechtsextreme Junge Freiheit, die mit Schill den »deutschen Haider« kommen sieht.

Doch wie viele andere große Männer scheint auch der Richter gnadenlos verkannt zu werden. Schlimm. Nicht nur, dass er inzwischen vom Straf- zum Zivilgericht versetzt wurde, mittlerweile liegen zwei Strafanzeigen gegen Schill wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung im Amt vor; am 18. September ist der erste Gerichtstermin.

Auch seine etwa 20 Mitglieder starke Offensive könnte eine Schlappe einstecken und an den eigenen Ansprüchen scheitern; die Rechtsstaatspartei scheint ein Rechtsproblem zu haben: Keine zehn Tage nach der Vorstellung der PRO, die »aus grundsätzlichen Erwägungen Wert auf eine saubere Weste der Vorstandsmitglieder legt«, verließ der Vorstandsbeisitzer Franz-Josef Underberg freiwillig die Partei. Das Hamburger Landgericht hatte den Kaufmann 1992 zu einer Geldstrafe von 31 000 Mark verurteilt, weil er versucht hatte, US-Kampfhubschrauber in den Irak zu schmuggeln.

Bereits 1990 war Pressesprecher Rainer Koppke vom Schöffengericht Eutin wegen »fortgesetzter Untreue« zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden - der Fernsehjournalist hatte 60 000 Mark von einer Benefizveranstaltung entwendet. Auch vom Vorstandsmitglied Anthony Rau musste sich die PRO trennen: Zur Zeit läuft gegen ihn ein Verfahren wegen Bestechung. Früher schon stand er wegen Beleidigung eines Mitarbeiters der Ausländerbehörde vor Gericht.

Alles Hetze, meint das Hamburger Nationale Infotelefon. Der Fall sei klar: Die Partei ist das Opfer einer Medienkampagne. Doch noch ist nicht alles verloren. Denn »Richter Gnadenlos« ist beliebt. Nicht nur die Hamburger Statt-Partei soll ihm, schon vor der PRO-Gründung, eine Kandidatur angeboten haben. Auch für die lokalen Neonaziparteien ist Schill ein potenzieller Spitzenkandidat.