Querfront gegen Fluglärm

Beim Protest gegen die Flughafen-Erweiterung in Frankfurt am Main will auch die extreme Rechte mitmischen.

Nicht nur die Frankfurter Montags-Demos sind gefloppt - ständige Misserfolge scheinen für Horst Mahlers rechtsextreme Kameraden im Rhein-Main-Gebiet Alltag zu sein. Aber sie wollen sich nicht beirren lassen und versuchen nun, in der Protestbewegung gegen den geplanten Ausbau des Frankfurter Flughafens aktiv zu werden.

So wird sich das Bündnis der Bürgerinitiativen, ein Zusammenschluss von insgesamt 48 Gruppen, künftig nicht mehr nur mit den Integrationsbemühungen der hessischen Landesregierung herumschlagen müssen (Jungle World, 25/00), sondern auch mit rechtsextremen Unterwanderungsversuchen. Im BI-Info findet sich, neben anderen Gruppen, eine Bürgerinitiative gegen unnötigen Fluglärm in Bergen-Enkheim.

Dort betätigen sich rechtsextreme Funktionäre: Ulrich Brier, der Sprecher der BI, war bis vor kurzem Regionalbeauftragter Hessen-Süd von Alfred Mechtersheimers Deutschlandbewegung. Er versuchte sich 1997 bei den rechten Aktivitäten gegen die Wehrmachtsausstellung in Frankfurt zu profilieren. Eine weitere exponierte BI-Aktivistin, Ellen Wilde, sitzt als Fraktionsvorsitzende des rechten Bürgerbündnisses für Frankfurt (BFF) im Ortsbeirat Bergen-Enkheim.

Wilde und das BFF werden auf der Homepage der BI zur einzigen parlamentarischen Kraft gegen den Flughafenausbau stilisiert, obwohl die Positionen aller Parteien - je nach Kommunal-, Kreis- oder Landesebene - bei der Frage des Flughafen-Ausbaus von völliger Ablehnung bis Zustimmung auseinander gehen. Trotzdem: »Die Freien Wähler - Bürgerbündnis für Frankfurt sind die einzige bürgerliche Kraft in Frankfurt, die sich konsequent gegen jeden Ausbau des Frankfurter Flughafens ausspricht«, weiß auch die rechtsextreme Wochenzeitung Junge Freiheit (28/00) zu berichten.

Das BFF trat 1997 mit einem rassistischen Wahlprogramm zur Frankfurter Kommunalwahl an, bei der hessischen Landtagswahl 1999 kandidierten BFFler auf der Liste des Bundes Freier Bürger (BFB). Ein Jahr zuvor hatten BFB und BFF die »Frankfurter Initiative« initiiert, um einen Volksentscheid über die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft anzuzetteln. Ohne Erfolg: Die hessische CDU hatte sich bereits mit ihrer Unterschriftenkampagne zum Vorreiter des völkischen Ressentiments gemacht. Die Initiative wurde zur Bürgerbewegung Unser Land und führte mit ihrem Star Horst Mahler mehrere Demonstrationen in Frankfurt durch.

Dort war fast das gesamte rechte Spektrum vertreten - von Naziskins und NPD, über Reps und die Unabhängigen Ökologen Deutschlands (UÖD), bis hin zum BFB und der Jungen Freiheit. Typisch für die Main-Metropole: Dort lässt die enge Kooperation verschiedener rechtsextremer Strömungen die sonst üblichen Grabenkämpfe in den Hintergrund treten (Jungle World, 06/00).

Bei dieser Entwicklung traten Annemarie Paulitsch und Wolfgang Hübner von Anfang an in Erscheinung. Während Paulitsch mittlerweile als Vorsitzende der Bürgerbewegung Unser Land fungiert und auch mal für das NPD-Blatt Deutsche Stimme schreibt, ist Hübner noch immer erster Vorsitzender des BFF.

Den rechten Funktionären geht es bei den Protesten gegen den Flughafenausbau sicher auch um Umweltschutz. Doch vor allem versuchen sie, dieses Anliegen politisch zu vereinnahmen: Ihre Ökologiekonzeptionen zielen darauf ab, reaktionäre Auffassungen zu verbreiten und zu legitimieren.

Gerade die Ökologiebewegung bietet in dieser Hinsicht einige Anknüpfungspunkte. Am Jargon des JF-Artikels »Der Lärm der Globalisierung« über die Erweiterungspläne der hessischen Landesregierung zeigt sich beispielhaft, wie derartige Schnittstellen angelegt sind: Die Autoren Claus Wolfschlag und Werner Olles beschreiben den Flughafen-Ausbau als Gefahr für »die Heimat, den Lebensraum und die Gesundheit«. Dahinter steckt die Flughafen AG, die den »Gang an die Börse« plane und gemeinsam mit einer »korrupte(n), menschenverachtende(n) politischen Klasse« die »Heimat« als »Umsteigeplatz des globalen Massen-Jet-Sets« ausverkaufe.

Umwelt wird zu »Heimat und Lebensraum«, die »äußeren« Bedrohungen - in Gestalt von Finanzkapital und »heimatlosen Jet-Set-Massen« - ausgesetzt seien. In diesem Wortfeld mit seinen deutlich antisemitischen Untertönen, erhält auch die Rede von der »Gesundheit« - die zweifellos durch die ökologische Belastung gefährdet wird - einen unangenehmen Beigeschmack. Im Einklang mit jenen »fremden Mächten« steht freilich die »korrupte politische Klasse«, sodass nur noch eine politische Kraft die »berechtigten Interessen der Bewohner« vertreten könne: die extreme Rechte, in diesem Fall das BFF.

Spontane Unmutsäußerungen von AnwohnerInnen gegen Fluglärm klingen zumeist anders und erst recht eine linke Herrschafts- und Kapitalismuskritik. Dennoch versuchen Wolfschlag und Olles an beide anzuknüpfen. So ist von der »legendären Startbahn-West-Zeit« und den »geldverblendeten Herrschenden« die Rede. Mit derartigen Formulierungen soll die linke Geschichte für die rechte Sache vereinnahmt werden - ähnlich Mahlers Versuch, die 68er Bewegungen zu einer »nationalrevolutionären« Angelegenheit umzudichten.

Auf dem Gebiet der rechten Querfrontstrategie kennen sich die beiden JF-Autoren bestens aus: Wolfschlag hat 1998 im rechten österreichischen Stöcker-Verlag ein Buch publiziert, in dem er ehemalige Linke interviewt, die sich heute in Zusammenhängen der extremen Rechten herumtreiben - vorwiegend bei der JF, der UÖD und der Deutschlandbewegung. Sein erster Interviewpartner war Werner Olles.

Das Treiben der rechten Kader aus der BI-Bergen-Enkheim wurde erst kürzlich, per Flugblatt, öffentlich gemacht: Die Bewegung gegen den Flughafenausbau beziehe zwar ihre Stärke durch ihr pluralistisches Selbstverständnis, heißt es in dem Info-Brief. Für RassistInnen und Rechtsradikale könne es dort aber keinen Platz geben. Ob sich diese Position im Bündnis der Bürgerinitiativen durchzusetzen vermag, ist noch offen. Vielleicht erledigt sich das Problem auch von selbst: Mahler hat bereits letztes Jahr vorgemacht, wie es geht - mit seinem Debakel in Hessen.