Bertelsmann übernimmt die Expo-Promotion

Manager des Wandels

Eigentlich müsste die oberste Expo-Sprecherin Wibke Bruhns jetzt ihr Kopftuch nehmen: Die PR-Abteilung hat versagt. Nun sei es an der Zeit, dass der Geschäftsführung des abgehalfterten Spektakels in der niedersächsischen Provinz »Feuer unterm Hintern« gemacht werde, giftet Manfred Harnischfeger. Der Mann kommt aus der ostwestfälischen Provinz und steht der Presseabteilung des Gütersloher Medienkonzerns Bertelsmann vor.

Und damit die Leute endlich »Leben in die Bude bringen«, wie Harnischfeger der Wirtschaftswoche sagte, übernehmen die Bertelsmänner die Öffentlichkeitsarbeit für Birgit Breuels glücklose PR-Abteilung. »Wenn die Gesamt-Performance der Expo floppt, zieht das das Image aller Partnerfirmen herunter«, so his master's voice von Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff. Man sei bereits dabei, Fernsehspots zu drehen und habe von ARD, ZDF, Sat.1 und RTL Zusagen, dass diese Spots zur besten Sendezeit kostenlos ausgestrahlt werden.

So wünscht man sich die Akteure der Deutschland AG: zupackend und entscheidungsfreudig. Der Vorgang könnte Schule machen: Auch der Vorstand der Deutschland AG agiert hier und da glücklos und hat Probleme, seine Vorhaben zu »kommunizieren«, wie Vorstandsvorsitzender Gerhard Schröder bereits mehrere Male eingestehen musste. Warum sollte Bertelsmann nicht auch hier Abhilfe schaffen?

Bertelsmann ist schließlich nicht irgendein Medienunternehmen, sondern fühlt sich dem Gemeinwohl verpflichtet. Deshalb ist der Konzern nicht in den Händen von raffgierigen Kapitalisten, sondern im Besitz der Bertelsmann-Stiftung. Und die ist angetreten, die von ihr entwickelten gesellschaftspolitischen Reformvorstellungen in politische Entscheidungsstrukturen umzusetzen. Im Bündnis für Arbeit funktioniert die Zusammenarbeit bereits hervorragend. Das Thema Niedriglohnsektor etwa wurde vom Wissenschaftler Wolfgang Streeck im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erfolgreich in das Bündnis getragen.

So gesehen sind auch die Gewerkschaften potenzielle Übernahmekandidaten für Bertelsmann. Gemeinsam mit der gewerkschaftseigenen Hans-Böckler-Stiftung und dem DGB-Bildungswerk bildet die Bertelsmann-Stiftung Betriebsräte zu »Managern des Wandels« aus. Auch in Sachen Mitbestimmung - die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes steht bevor - kommt die Steilvorlage aus Gütersloh: Mehr betriebliche Logik und weniger gewerkschaftliche Einflussnahme steht auf der Agenda. Wohin das führt, macht Bertelsmann vor: Nur etwa zehn Prozent der Beschäftigten arbeiten unter dem Schutz des Flächentarifvertrages.

Die Bertelsmann-Stiftung ist den Gewerkschaften auch in anderer Beziehung behilflich: Die Öffentlichkeitsarbeit der zukünftigen Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) wird in Gütersloh konzipiert. Die ÖTV spielte hier die Vorreiterin: Mit der Stiftung wurde gerade an einem neuen Kommunikationskonzept der Gewerkschaft gebastelt.

Wenn sich jetzt Bertelsmann in Sachen Expo engagiert, ist das nur folgerichtig. Der Konzern ist Mitveranstalter der Weltausstellung und mit dem »planet m« - m für Middelhoff? -, dem Pavillon der Gütersloher, soll die »ganze Welt der Medien« in diese zurück getragen werden. Der Soziologe Richard Sennett hat Recht: Die Neoliberalen brauchen keine politischen Parteien. Um ihre Inhalte zu transportieren, unterhalten sie Stiftungen, die im Hintergrund agieren.