Expo-No-Kampagne

Widerstand! Blockiert!

Die Expo-No-Kampagne kann lokal und überregional die Handlungsfähigkeit einer linken, antikapitalistischen Bewegung stärken.

Als am 18. Juni 1999 Hunderte von Aktionsgruppen die Innenstadt und das Bankenviertel von London zu großen Teilen eroberten und lahm legten, nahm noch kaum jemand außerhalb von England Notiz davon, denn die Kameras der Weltpresse standen in Köln. Beim zweiten Mal hatte die Idee direkter Aktionen von unten aber durchschlagenden Erfolg: Am 30. November konnten viele Blockaden, dezentrale Störaktionen und gezielte Sabotage die Eröffnungssitzung der mächtigen Welthandelsorganisation, WTO, in Seattle verhindern. Das war keine Revolution, die normale Ausbeutungs- und Unterdrückungspolitik lief weiter. Aber dennoch änderte sich eines: Das Ohnmachtsgefühl, zu dem auch große Teile politischer Bewegungen mit dem Gejammer des »Das wird sowieso nichts« oder der Anbiederungsstrategie des Mitmachens statt Angreifens beigetragen hatten, war weg.

Die Aktionsplanung zur Expo-Eröffnung ist eine Folge dieses Prozesses. Inmitten einer Aktionswoche, eingerahmt von einer großen Demonstration zum Auftakt (27. Mai), Aktionscamps und Öffentlichkeitsarbeit danach sowie den Innenstadtaktionstagen am nachfolgenden Wochenende, bereiten sich inzwischen in vielen Städten Gruppen auf direkte Aktionen in Hannover vor. Ziel ist, durch massive Blockaden vom 31. Mai nachmittags bis mindestens zum 2. Juni morgens den Eröffnungstag der Expo komplett zu verhindern oder zumindest so massiv zu stören, dass niemand mehr drum herum kommt, den Protest gegen die kapitalistische Schau wahrzunehmen. Sie kommen nicht mehr durch, heißt das Ziel rund um den Eröffnungstag am 1. Juni. Aktionen und die sich daran knüpfende Debatte sollen eine Phase neuer politischer Auseinandersetzung hervorrufen. Die Expo 2000 ist das Signal, sich nicht weiter nur auf Details oder Ein-Punkt-Bezüge zu beschränken, sondern der gesamten kapitalistischen und sonstigen Herrschaftsstruktur Widerstand zu bieten.

Seattle hat gezeigt, dass Widerstand machbar ist. Eine emanzipatorische Bewegung beginnt mit der eigenen Struktur - es bedarf keiner Steuerungsgruppe und keiner Vorstände. Gegenmacht von unten ist dann stark, wenn Basisgruppen und die regionalen Zusammenhänge agieren, unabhängig und widerständig sind, wenn neben Ein-Punkt-Bezügen auch ein gemeinsamer Kampf entsteht, wenn Visionen die langweilige Realpolitik und direkte Aktionen die Anbiederei hinwegfegen. Die Aktionen rund um die Expo-Eröffnung sollen das deutlich zeigen - und damit das Ende einer elendigen Phase einläuten, in der der neoliberale Kapitalismus unangefochten dominierte. Wenn viele aktionsfähige Gruppen viele kleine Aktionen, Störungen, Blockaden und Sabotagen an vielen kleinen Orten in Hannovers Infrastruktur machen, kann das das Gesicht der Stadt verändern.

Eines darf dabei Appetit machen: Auch wenn vielleicht die deutsche Polizei trainierter ist, gegen politische Gruppen vorzugehen; auch wenn politische Gruppen in Deutschland oft wenig Erfahrung in direkter, selbst organisierter Aktion haben - es bleibt noch Zeit, sich auf diesen Tag vorzubereiten.

Zudem wird es in Hannover noch besser möglich sein, alles lahm zu legen. Denn, und das ist ein Vorteil zu Seattle, es werden sich neben uns Hunderttausende von Leuten auf Straßen und Gleisen bewegen. Am ersten Tag sind es vor allem Polit- und Wirtschaftsgrößen sowie reiche Leute, denn der Eintrittspreis ist locker verdoppelt worden. So soll z.B. alle drei Minuten am Expo-Bahnhof Messe/Laatzen ein Zug ankommen - die Bahn AG äußerte bereits im Vorfeld Bedenken über die Wirkung jeder kleinen Aktion an diesem Tage.

Der 1. Juni ist nicht die Revolution. Aber ein gemeinsamer Aktionstag in Hannover mit einer Wirkung wie in Seattle kann lokal, regional und überregional die politischen Handlungsmöglichkeiten verändern. In diesem Sinne hoffen wir auch, dass sich viele Menschen beteiligen, die in den vergangenen Jahren die Lust verloren haben, ihre Kreativität in verstaubten oder angepassten politischen Arbeitsformen zu verschwenden: Künstlerinnen, Hackerinnen, Kommunikationsguerilleros und viele mehr. Gegenmacht von unten soll direkt, viefältig, entschlossen, unabhängig, unübersehbar, gleichzeitig aber mit klaren emanzipatorischen Positionen ohne Wenn und Aber sein, erklären die AktionistInnen.

Quelle:www.expo-no.de