Neuer Nato-Oberbefehlshaber für Europa

WK III - mit Spaß dabei

Es sind seltsame Strategen, mit denen uns das Establishment der westlichen Welt regelmäßig beglückt. Einer von ihnen, der Nato-Oberbefehlshaber für Europa, Wesley Clark, wird seinen Posten nun vorzeitig aufgeben müssen - im kommenden April, vier Monate vor dem regulären Auslaufen seiner Amtszeit.

Undank ist der Welt Lohn, hatte Clark doch sein Bestes gegeben, den leichten Sieg der Nato über Jugoslawien und den alten Erzfeind Rußland möglichst eindrucksvoll zu gestalten. So eindrucksvoll, daß ein britischer General, Michael Jackson, sich bemüßigt sah, Clark gegenüber zu erklären: "Wegen Ihnen fange ich doch keinen Dritten Weltkrieg an."

Man erinnert sich: Nach dem Ende der Nato-Bombardements setzten sich am 11./12. Juni plötzlich und für alle überraschend 200 russische Fallschirmjäger aus Bosnien in Marsch, um im Handstreich den Flughafen von Pristina zu besetzen.

Clark schäumte vor Wut und befahl Jackson, der als Kommandeur der Nato-Truppen im Kosovo fungierte, er solle britische und französische Truppen losschicken, um den russischen Einheiten zuvorzukommen. Jackson aber weigerte sich.

Worauf der frustrierte Clark sich an US-Admiral James Ellis Jr., den Chef des Nato-Südkommandos, wandte: Der solle Hubschrauber auf die Landebahn des Flughafens entsenden, damit die großen russischen Iljuschin-Transporter nicht landen könnten. Aber Ellis weigerte sich ebenfalls.

Aber so schnell gab Clark nicht klein bei. Unter Berufung auf eine militärische Quelle berichtete die Washington Post von einem erneuten Vorstoß: Demnach befahl Clark, kaum hatten die russischen Truppen den Flughafen erreicht, Panzer und andere schweres Gerät dorthin zu schicken, um weitere Stationierungen russischer Truppen zu verhindern. Aber Politiker in London schreckten davor zurück, Panzer so nahe bei russischen Einheiten zu stationieren.

Die forschen Vorschläge Clarks für Pristina waren nicht die einzigen gewesen, mit denen der feinfühlige Taktiker im Nato-Krieg brillierte. Die kritische US-Zeitschrift CounterPunch berichtete, nach Angaben von Mitgliedern des US-Kongresses habe Clark schon zu Beginn des Nato-Luftkriegs vorgeschlagen, der beste Weg, mit Rußlands Öllieferungen an Jugoslawien umzugehen, sei eine Bombardierung der Pipeline, die durch Ungarn führt. Das gleiche empfahl er für den Fall, daß russischen Kriegsschiffe in die Kriegszone einfahren.

Offensichtlich kam Clark mit diesen raffinierten Vorschlägen nicht zum Zuge. Sie sind jedoch von ähnlichem Kaliber wie das militär-taktische Geschick, mit dem er sich 1994 für seine Beförderung zum Drei-Sterne-General empfahl. Eine Hürde, so kolportiert CounterPunch, hatte er noch zu nehmen: eine Kriegsspielübung, in der Wesley Clark seine Division gegen feindliche Streitkräfte ins Manöver zu führen hatte. Allein, Clarks Gegner war bekannt für sein militärisches Geschick, mit dem er seine Opponenten regelmäßig fertigmachte. Deshalb wurde ihm die Hälfte seiner virtuellen Armee abgenommen. Und Clark konnte den Kampf siegreich für sich entscheiden. Der dritte Stern kam kurz darauf.

Clarks designierter Nachfolger als Saceur ist nunmehr der britische Verteidigungsminister George Robertson. Den hatte sein Premierminister Tony Blair mit den warmen Worten "Er hatte einen guten Krieg" für das Amt empfohlen - ein deutliches Signal, daß auch Robertson kein Kind von Traurigkeit ist. Insbesondere hat er eine Schwäche für flexibel und schnell einsetzbare Streitkräfte "für die Krisen der Welt".

Mitte April, zu Beginn des "guten Krieges", hatte ihn der britische Journalist Mark Steel in seiner letzten Kolumne für den Guardian bissig porträtiert. Zu jener Zeit kursierten Bilder, auf denen Robertson winkend auf einem Bomber posierte - "wie ein Dreijähriger", schrieb Steel, "in einem jener Flugzeuge in den Ecken der Supermärkte, der kreischt: 'Schau her, Mama. Wirf noch ein bißchen Geld ein, damit ich eine Autofabrik in die Luft jagen kann.'"

Das durfte Robertson dann ja auch. Ein BBC-Journalist beschrieb den künftigen Saceur "als fähig, aber wenig anregend, als anständig, aber etwas schwer von Begriff". Aber das muß ja kein Hindernis sein, um in Zukunft den Aufgaben des Kriegführens vollkommen gerecht zu werden - der unangefochtenen Nato-Übermacht sei's gedankt.