Absicherung für Huren

Bordell mit Betriebsrat

Schon Wladimir I. Lenin war dagegen. Als die Hamburger Genossin Larissa Reissner - eine frauenbewegte Schriftstellerin und Kulturkommissarin der KPD - ihm in einem Bericht vorschlug, mehr für die Frauen im "Gewerbe" zu tun, wies er dieses Ansinnen brüsk zurück. Lumpenproletariat, hieß es aus Moskau. Reissner hatte in Hamburg eine Prostituierten-Zelle gegründet; und einer ihrer Forderungen war, die Kommunisten mögen doch die Arbeit der Frauen am Manne endlich als Beruf anerkennen.

Es sollte noch fast 80 Jahre dauern, bis tatsächlich erstmals eine Regierungsvertreterin, obendrein eine Sozialdemokratin, dieses Anliegen ernsthaft in Angriff nahm. Seit Familienministerin Christine Bergmann letzte Woche einen Entwurf angekündigt hat, "wonach Prostitution nicht mehr als sittenwidriges Gewerbe gilt", haben Sexarbeiterinnen wenigstens Aussicht auf ein bißchen realpolitische Absicherung. Nach einer entsprechenden Änderung im Zivilgesetzbuch, anvisiert für Anfang des Jahres 2000, können Huren künftig zahlungsunwillige Freier anzeigen und ihr Honorar einklagen.

Grundsätzlich, sagte die Ministerin, wäre es zu begrüßen, wenn Prostituierte außerdem Arbeitsverträge schließen könnten. Eine Idee, die auch bei den Liberalen gut ankommen könnte. Schließlich arbeiten in Deutschland über 400 000 Männer und Frauen in dem Gewerbe. Rund eine Million Menschen täglich - vorrangig Männer - nehmen die Dienstleistungen in Anspruch, die stattliche Summe von etwa 12, 5 Milliarden Mark wird jährlich umgesetzt. Ein wahrer Gesundbrunnen also für Leute wie Oswald Metzger oder Guido Westerwelle. Zwar mußten Prostituierte ihren Umsatz auch bislang versteuern. Da die informellen Arbeitsverhältnisse aber bei den Sozialversicherungen nicht anerkannt wurden, dürfte der überwiegende Teil schwarz erwirtschaftet worden sein.

Hurenorganisationen wie Hydra gehen Bergmanns Absichten nicht weit genug. Vor allem die Paragraphen über "Förderung von Prostitution" und "Zuhälterei" gelte es abzuschaffen. Sonst, schreiben die Berliner Hydra-Frauen, würden weiterhin "gut geführte, saubere und florierende Läden geschlossen, so daß gute Arbeitsplätze verloren gehen".

Diese Argumentation - der Zuhälter als guter Arbeitgeber - hört sich befremdlich an. Aber warum soll der Loddel nicht an die gewerkschaftlichen Errungenschaften gebunden werden? In jedem größeren Puff wäre dann eine Hure als Betriebsrätin freigestellt. Das klingt gut, auch wenn die verspätete Modernisierung die patriarchalen Verhältnisse mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht schwächt.