Veränderte Lage

Wenn aus Deutschland Flüchtlinge abgeschoben werden, dann gibt es dafür eine Bibel: Die sogenannten Lageberichte, die von Mitarbeitern deutscher Botschaften im Auftrag des Auswärtigen Amtes (AA) erstellt werden. Wenn hier steht, daß die Kurden in der Türkei "keiner gruppenspezifischen Verfolgung ausgesetzt" sind, dann ist das so - zumindest für Entscheider in Asylantragsstellen, für Ausländerämter und für Gerichte. Eine wichtige Sache also, dachte man sich auch im Bundesinnenministerium, das die Fachaufsicht in Asylfragen hat - zu wichtig, um sie sich selbst zu überlassen. Seitdem reisen Beamte des Innenministeriums regelmäßig ins Ausland, um den Botschaftsleuten bei der Erstellung der Lageberichte etwas behilflich zu sein. Auf sie, so nimmt man an, gehen all jene Formulierungen zurück, aufgrund deren Asylantragsteller stante pede in Foltergefängnisse zurückgeschickt werden. Das soll nach dem Willen von Joseph Fischer bald nicht mehr so sein: In Zukunft sollen die Diplomaten die Berichte allein schreiben, und sie sollen sich dabei rechtlicher Bewertungen enthalten.

Darüber hinaus will das AA sogar in einen regelmäßigen Dialog mit Flüchtlingsorganisationen treten, die dabei ihre Sicht der Lage in den Herkunftsländern darlegen sollen. Die Berichte sollen auch häufiger aktualisiert werden, im Falle von Krisenregionen etwa jedes Vierteljahr. Bleibt nur die Frage, warum es ein Dreivierteljahr gedauert hat, bis die Praxis von Kanther und Kinkel aktualisiert wurde.