Sicherheit in Europa

Reisepolizei

"Ey, nimm die Griffel weg. Die Griffel weg, hab ich gesagt, du Arsch! Ey, vastehs du nich, was ich sage? Sach ma, red ich türkisch? Du sollst die Griffel weg ..."

Man kennt das. Betrunkene Deutsche. Im Ausland. In Italien, auf Mallorca, in Prag, an der französischen Atlantikküste. Hier ein Fläschchen Spumante, dort ein Eimer Sangria, zehn große tschechische Schwarzbiere in zwei Stunden, Veng Rusch mit Cola und durch den Strohhalm.

Dann schnell an den nächsten Hauseingang gepißt, sich ins Auto geschmissen und mit Tempo 150 über die Landstraße gebratzelt. Dabei laut die deutschen Klassiker (Pur, Westernhagen oder Wolfgang Petry) aus den Boxen krachen lassen. Fenster auf - was für ein Gefühl von Freiheit, niemand ist so ausgeflippt wie ich.

Schließlich das Unvermeidbare: die Polizeikontrolle, die Fragen, der hilflose Griff zum Kaugummi, weitere Fragen, gar Aufforderungen, das Unverständnis, das Gepöbel. Schlimmer noch die Fahrt zur Wache, die Nacht im Knast, der Kater am nächsten Morgen, die Geldstrafe, kurz: noch mehr Unverständnis.

Damit soll nun Schluß sein. Nicht mit Saufen, individueller Freiheit und Kontrollen, aber mit dem Unverständnis. Zwei Beamte aus Baden-Württemberg machen nun den Anfang - als Ferienpolizisten in Ungarn; auch dort finden sich im Sommer viele Deutsche. "Die Polizisten sollen sich um deutsche Urlauber kümmern, die entweder Opfer von Straftaten wurden oder selbst mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind", umschreibt die FAZ euphemistisch den Aufgabenbereich der Beamten.

Nicht erwähnt werden der weiße Tokajer, die guten Obstler, der legendäre Unicum, "kannste trinken wie nix und sooo billig". Wie praktisch, wenn nach dem Gelage nicht ein ungarischer Polizist die schwäbischen Touristen vom Autofahren abhalten muß, sondern der Kontaktbereichsbeamte aus Villingen-Schwennigen zur Stelle ist: "Jetzd lassadd Se des Audo moal schdanda."

Hier könnte auch der "Superhirn" genannte Zentralcomputer der seit drei Wochen offiziell arbeitenden europäischen Polizeibehörde Europol sinnvoll eingesetzt werden. Diente der Computer bisher lediglich dazu, europaweit gesammelte personenbezogene Daten den jeweiligen nationalen Polizeibehörden auf Anfrage zur Verfügung zu stellen, wäre künftig eine effizientere personenbezogene Wer-trinkt-wann-wo-wieviel-und-wer-kann-das-verhindern-Anwendung denkbar.

Bunte Graphiken, allerlei Statistiken und Auswertungen werden einfach mit einem Signal gekoppelt, das von der europäischen Zentrale direkt an die jeweiligen Einsatzkommandos geht. Verlassen beispielsweise in der Prager Narodny 15 Touristen aus Pirna und Meißen, darunter niemand unter drei Promille, eine Gaststätte und begeben sich zu ihren Fahrzeugen, steht dort schon der Cop aus Dresden bereit.

Ähnliche Szenen kann man sich auch für andere Leute aus anderen Regionen vorstellen: Der Ausflug der Jungen Union aus Regensburg nach Ceské Budejovice (Motto: "Budweis ist unser") wird von der Nürnberger Polizei, der des sozialdemokratischen Ortsverbands Völklingen nach Nancy (Motto: "Savoir boire") von den Beamten aus Saarbrücken begleitet.

Besonders schön wäre, wenn der Schwedter Nazi-Pöbel, der in Szczecin einfällt, dort künftig von den nicht gerade als zimperlich geltenden Uniformierten aus Eberswalde in Empfang genommen würde.