Mißlungene Wahl II

Anogia liegt auf Kreta und gilt als recht beschauliches Nest ohne spektakuläre Ereignisse. Doch nicht so in den vergangenen zehn Tagen: Die Bewohner verweigerten am 11. Oktober nicht nur ihre Teilnahme an den Kommunalwahlen in ihrer Gemeinde, sondern sie verbarrikadierten alle Zugänge zum Dorf und ließen die Wahlkommission nicht herein. Ebenso am vergangenen Mittwoch, als die Wahlleitung unter Polizeischutz anrückte, um nachzuholen, was zuvor nicht gelungen war. Die Staatsbeamten mußten erneut abziehen, zumal einzelne Dorfbewohner mit Kalaschnikov-Sturmgewehren in die Luft schossen, um ihrer Forderung, daß nicht gewählt werde, Nachdruck zu verleihen.

Doch Anogia war nicht die einzige Gemeinde, die nicht wählen wollte. Aus Protest gegen die im Sommer 1997 erfolgte Reform der kommunalen Selbstverwaltung (Kapodistrias) hatten vielerorts Gemeindevollversammlungen zu Wahlboykott oder -verhinderung aufgerufen. In mehr als zwanzig Gemeinden kam es nun zu teilweise harten Auseinandersetzungen mit Sondereinheiten der Polizei (MAT), die die Öffnung der Wahllokale und die Aufstellung der Urnen sicherzustellen hatte - und dies schließlich auch tat. Außer in Anogia.