Kommt die Harald Juhnke-Ära?

Deutschlands Blamage gegen Malta könnte erst der Anfang gewesen sein

Wann immer sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft blamiert, greifen der DFB und sein Trainer zu dieser Entschuldigung: "Gegen einen kleineren Gegner tun wir uns halt immer schwer."

Nach dem blamablen 2:1 gegen Malta wurde der Satz noch variiert. Plötzlich war der kleine Gegner zusätzlich auch noch einer, gegen den "schon ganz andere Mannschaften schlechter gespielt haben als 2:1" - in der WM-Qualifikation wurden die Malteser von Norwegen mit 10:0 geschlagen.

Der Schuldige stand schnell fest: Berti Vogts. Der hatte sich zwar vor der WM große Mühe gegeben, zum Trainer der Bild-Zeitung zu werden, schließlich hatten ihm die Schlagzeilen des Blattes nach der WM-Pleite 1994 in den USA, wie "Berti, bitte geh!" nach eigenem Bekunden "sehr weh getan". Zumal die Springer-Presse gegenüber dem Bundeskanzler einen ähnlichen Ehrgeiz entwickelt hatte wie Spiegel-TV gegenüber dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe, am Ende jedoch genauso erfolglos blieb: Kohl, Vogts und Stolpe blieben einfach im Amt.

Als Vogts kurz vor der WM 1998 auf Drängen von Bild Lothar Matthäus noch in den Kader berief, glaubte er wohl, die richtige Vorbeugemaßnahme gegen erneute Negativ-Schlagzeilen ergriffen zu haben, aber so richtig gedankt hatte es ihm das Blatt nicht. Und das, obwohl Matthäus auf keinen Fall der schwächste deutsche Spieler war. Nach der Niederlage gegen Kroatien noch kurz unsicher, was zu tun sei, befragte die Zeitung, wie in solchen Fällen üblich, ihre Leser, und dann ging es wirklich los. Gegen Vogts.

Aber in einem Land, in dem man Bundeskanzler nicht so einfach auswechselt, hat man erst recht Probleme, Bundestrainer zu feuern. Erst recht, wenn der vom Kanzler gelernt hat und einfach nicht gehen will. Nach einer Weile hatten sich auch die Springer-Journalisten damit abgefunden, bis zum Malta-Spiel.

"Liegt's an Berti - oder sind wir wirklich so schlecht?" fragte Bild und versuchte ungewohnt dezent die "Berti, bitte geh!"-Kampagne wiederzubeleben: "Viele glauben: Zu einem echten Neuanfang hätte auch ein neuer Trainer gehört." Und mußte gleich wieder ein Desaster erleben, denn ausgerechnet Mario Basler, dessen Nicht-Nominierung unter anderem mit für die Niederlage gegen Kroatien verantwortlich gemacht worden war, erwies sich als "ein Typ, der auch mal den Mund aufmacht, wenn es nötig ist".

Allerdings unprogrammgemäß, denn er stänkerte nicht gegen den Trainer, sondern gegen die Presse: Basler deutete einen möglichen Presseboykott an, denn "einige Medienvertreter haben überhaupt keine Ahnung, was da auf dem Rasen passiert". Nun mußte Bild nicht nur den Trainer denunzieren, sondern auch Basler und verlor für einen kurzen Moment das eigentliche Ziel aus den Augen: "Fast möchte man Basler (...) zurufen: Super, Mario! So bleibt man wenigstens von diesem unqualifizierten Geschwätz verschont". Kurz darauf hatte man sich bei Springers größter Tageszeitung jedoch wieder gefangen und nahm gleich wieder Vogts aufs Korn, indem man fragte "Was ist eigentlich "ballorientierte Gegnerdeckung?"

Das, was der Name sagt, eigentlich, aber so einfach macht es sich Bild nicht, und deswegen kam am Ende nur heraus, daß ballorientierte Gegnerdeckung das sein muß, was dem 1:1 der Malta-Elf vorausging. Ist dieser Berti blöd ...

So sahen das auch die Leser, wie Heiko Jakob, der nicht besonders begeistert vom Spiel der deutschen Elf war: "Deutschland gegen Malta, das ist doch wie ein Tennisspiel zwischen Boris und Harald Juhnke. Ganz traurig, deutscher Fußball."

Auf den Gedanken, daß die These der Ökonomen, wonach auf jeden Aufschwung ein Abschwung folgt, eigentlich auch eine Fußballweisheit sein könnte, kommt hingegen niemand, ebensowenig auf die Idee, daß für die DFB-Elf nach drei ziemlich unberechtigten Weltmeistertiteln die guten Zeiten vorbei sein könnten