FBI in Unterzahl

Nach den Bombenanschlägen von Nairobi und Daressalam haben die USA mit Vergeltung gedroht. Aber wem nur?

Mehr als einen Monat werden sie nach eigenen Angaben noch für ihre Untersuchungen brauchen, die 215 Beamten der US-Bundespolizei FBI, um den genauen Hergang der Bombenanschläge auf die Botschaften in Daressalam und Nairobi zu rekonstruieren. Unterstützt werden sie von Experten aus Frankreich, Großbritannien und Israel.

Islamistische Täter für die beiden fast zeitgleichen Anschläge, die 257 Todesopfer und mehr als 5 500 Verletzte forderten, gelten dabei als am wahrscheinlichsten. Weltweit wurden die US-Vertretungen angewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken bzw. vorübergehend sogar ganz zu schließen, so geschehen in Ägypten, im Jemen und in Malaysia. Spezielles Augenmerk legte Washington am vergangenen Freitag auf Albanien: Die Botschaft in Tirana wurde dichtgemacht, und das US-Außenministerium warnte ausdrücklich vor Reisen in den Balkanstaat. Sich dort aufhaltende US-Bürger sollten eine schnelle Ausreise in Betracht ziehen, hieß es weiter.

Offenbar gab es zuvor Drohungen islamistischer Kräfte gegen die US-Vertretung in Tirana. Experten sehen darin den Zusammenhang einer Verhaftungsaktion in Albanien mit den Anschlägen in Ostafrika bestätigt. Nach einem Bericht der Washington Post wurden in Albanien, wo der Islamismus seit der Aufhebung des staatlich verordneten Atheismus im Jahre 1991 Zulauf verzeichnet, im Juni zwei Aktvisten des Islamistenführers Ussama bin Ladin unter der Beteiligung von CIA-Agenten festgenommen. Dabei soll der US-Geheimdienst auch in den Besitz von Computern und Dokumenten der etwa 10 000 Islamisten zählenden Organisation bin Ladins gekommen sein.

Bin Ladin gilt als Gründer und Finanzier der "Internationalen Islamischen Front für den Heiligen Krieg gegen Juden und Kreuzfahrer". Zunächst im Kampf gegen die sowjetische Armee in Afghanistan dabei, engagierte er sich danach bei der islamistischen Regierung Sudans. Weil die USA sich jedoch um die Auslieferung des "Heiligen Kriegers" bemühten, begab sich bin Ladin wieder in die Berge Süd-Afghanistans. Im Gebiet der islamistischen Taliban wird er nicht nur protegiert, sondern soll auch Waffen für seinen religiösen Feldzug zusammensammeln. Angeblich arbeitet er sogar an der Entwicklung von chemischen und biologischen Kampfstoffen. Das berichtete zumindestens die italienische Tageszeitung Corriere della Serra in der vergangenen Woche.

Die afghanischen Taliban dementierten am Freitag jedoch, daß ihr antisowjetischer Kampfgefährte von einst etwas mit den Anschlägen zu tun habe. Bin Ladin habe die Auflage, sich weder politisch noch militärisch zu betätigen, erklärte der Taliban-Sprecher Mullah Mohammad Omar der pakistanischen Tageszeitung News.

Ein Verdächtiger, der nach Agenturberichten möglicherweise mit bin Ladin in Verbindung steht, wurde von US-Beamten am Wochenende von Pakistan nach Kenia geflogen. Der Mann war nach Angaben pakistanischer Behörden am 7. August, dem Tag der Anschläge, mit falschen Papieren auf dem Flughafen von Karachi festgenommen worden, von wo aus er nach Afghanistan habe weiterreisen wollen. Nach "intensiver Befragung" in pakistanischer Haft - vermutlich also nach Folter - habe er seine Beteiligung an den Anschlägen gestanden. Er wurde US-Offiziellen übergeben, die nun überprüfen wollen, was er in Nairobi bis zu seinem Abflug getan hatte.

Neben bin Ladin, dem die USA bereits den Anschlag auf einen US-Stützpunkt in Saudi-Arabien im Juni 1996 anlasten, werden auch andere Islamisten als mögliche Täter gehandelt. In Ägypten, wo sich eine bisher nicht bekannte Islamistengruppe zu den Anschlägen bekannt hat, geht die islamistische Gruppe el-Dschihad ebenfalls von einer CIA-Beteiligung an der Verhaftung von vier ihrer Aktivisten in Albanien im Juli aus. Bereits im Februar hatten ägyptische Behörden eine Gruppe ausgehoben, die Anschläge auf Botschaften der USA und Israels geplant haben soll.

In Tansania wurden am Wochenende nach einem Agenturbericht zwölf der 14 Verdächtigen freigelassen; die restlichen zwei sollen nicht als Haupttäter in Betracht kommen. Die meisten der Verdächtigten kommen aus dem Irak oder Sudan - Staaten, deren Beziehungen zu den USA nicht die besten sind. Sollten die Ermittlungen ergeben, daß eine Regierung hinter den Anschlägen steckt, hat US-Außenministerin Madeleine Albright bereits Vergeltung angekündigt: "Die Vereinigten Staaten haben ein gutes Gedächtnis, und unser Arm reicht weit."

Auch in Kenia ermittelt man vorrangig in die islamistische Richtung. Mohammad Faruk Adam von der Moschee in Nairobi bezeichnete die Ermittlungen und die Verhaftung von fünf - nach Reuters-Informationen am Wochenende wieder freigelassenen - Muslimen gegenüber CNN deshalb als "diskriminierend". Es werde zunächst auf die Religionszugehörigkeit und dann erst auf mögliche Beweise geachtet.

Als möglich gilt aber auch, daß aus Ruanda geflohene Hutus für die Anschläge verantwortlich sind, die sich damit für die US-amerikanische Unterstützung der Tutsis rächen wollten. In Uganda - ebenfalls ein Schauplatz der Hutu-Tutsi-Auseinandersetzungen - wurde die US-Botschaft daher sicherheitshalber in einen Vorort der Hauptstadt Kampala verlegt.

Bis zur Klärung der Anschläge wird das FBI wohl noch etwas in der Welt herumermitteln müssen. Die Washington Post behauptet nämlich, die "Terroristen"-Datenbank der Behörde habe eine Liste mit rund 200 000 Verdächtigen ausgespuckt.