Euro-Gegner aller Länder, vereinigt Euch!

Die Währungsunion wird von Deutschland dominiert sein und die soziale Krise verschärfen.

Ist die Einführung der europäischen Währungsunion gemäß den Beschlüssen von Maastricht und Amsterdam auch ein Projekt der Linken oder nicht?

Jürgen Trittin (Jungle World, Nr. 34/97) ist darin zuzustimmen, daß die europäische Integration letztlich Kriegsverhinderung durch wirtschaftliche Einbindung bedeutet und die Zukunft Europas langfristig jenseits des Nationalstaates liegt. Im Grunde genommen leitet sich diese Aussage bereits aus dem Grundverständnis linker Theorie und Politik ab (z.B. Marx' Auffassungen zur Liberalisierung des Handels und zur Abschaffung der Zölle oder die These des linksliberalen John Maynard Keynes, wonach ein liberalisiertes Handelsregime wichtige Nachfrageimpulse schaffen und die internationale Beschäftigung fördern kann, sowie schließlich die Position der alten Sozialdemokratie, die den Freihandel befürwortete, weil dadurch die Kaufkraft der Arbeit erhöht wird).

Seitdem hat sich nichts ereignet, was die genannten Argumente obsolet erscheinen lassen könnte. Im Gegenteil, die Praxis hat gezeigt, daß jegliches Autarkiestreben, jede nationale Abkapselung und jede staatliche Monopolisierung des internationalen Wirtschaftsverkehrs zu großen ökonomischen Nachteilen und politischen Konflikten zwischen den Staaten geführt hat.

Offen ist jedoch die Frage, ob das Maastricht-Projekt der Europäischen Währungsunion a priori progressive Wirkungen auf den Fortgang der Europäischen Einigung und die Lebensbedingungen der werktätigen Schichten haben wird oder nicht. Es ist ja kein Zufall, daß sich gegenwärtig fast nur noch die Industrie- und Arbeitgeberverbände, die Banken und Konzerne, für den Euro einsetzen, während bereits mehr als zwei Drittel der Bevölkerung eine ablehnende Haltung einnehmen. Den Verheißungen der Regierung und der Banken wird immer weniger getraut, und alle Umstände für die Realisierung des Projekts deuten auf eine Verschlechterung der Lebensbedingungen der Lohnabhängigen und wirtschaftlich schwächeren Bürger hin.

Trittins Hauptargumentationslinie für das Euro-Projekt ˆ la Maastricht ist die Option gegen den D-Mark-Nationalismus. Mit Recht argumentiert er gegen rechtsradikale Ideologen und Politiker, die aus nationalistischer Sicht grundsätzlich gegen eine Europäische Währungsunion opponieren. Aber diese Argumentation reicht nicht aus, um das Ja zum Euro zu begründen. Es heißt dann weiter bei ihm: "Man könnte als deutscher Linker die Bejahung des Euro ideologisch begründen - aus der Negation des Bestehenden. Haben Linke nicht schon in den Siebzigern gegen das Modell Deutschland gewettert?"

Die Kurzatmigkeit der Argumentation ergibt sich schon aus der spezifischen historischen Situation, daß heutzutage die Veränderung des Status quo in der Gesellschaft

zumeist von den neoliberalen und rechtskonservativen Kräften betrieben wird. Die Umverteilung von unten nach oben wird von ihnen mit dem positiv besetzten Begriff Reform versehen, während die Linken in die Position der Verteidiger des bisher Bestehenden geraten sind.

Auch die folgende Behauptung Trittins stimmt nicht. Er schreibt, daß mit dem Euro-Projekt nicht nur die D-Mark-Dominanz verhindert wurde, sondern auch der Versuch einer Instrumentalisierung der Währungsunion für ein deutsch dominiertes Europa gescheitert sei. Es ist ja wiederholt von offizieller Seite verkündet worden, daß mit der Währungsunion die D-Mark und die Regeln der Bundesbank erfolgreich nach Europa exportiert worden sind. Vermittels überlegener Wirtschaftskraft wird der Euro - zumal er gemäß einer Formulierung von Herrn Tietmeyer entpolitisiertes supranationales Geld sein soll - deutsch dominiert. Diese Gefahr zu überwinden, wäre nur auf dem Wege der Schaffung einer demokratisch strukturierten politischen und natürlich auch einer der Sozial- und Beschäftigungsunion möglich.

So gesehen ist die Aussage von Jürgen Elsässer (Jungle World, Nr. 44/97) durchaus zutreffend, wenn er feststellt: Der Kurs der Bundesregierung, die Währungsunion zur monetären Basis eines deutschen Kerneuropas zu machen, ist nur vorläufig, nicht aber endgültig gescheitert. Als unrealistisch ist hingegen die Auffassung Elsässers anzusehen, daß Deutschland sowohl auf dem Gipfel in Dublin als auch auf der Regierungskonferenz in Amsterdam eine Niederlage einstecken mußte. Trotz bestimmter inhaltlicher Änderungen ist das Waigel-Projekt eines Stabilitätspaktes durchgesetzt worden. Auch das im Amsterdamer Vertrag auf Drängen Frankreichs aufgenommene Beschäftigungskapitel hat nicht mehr als unverbindliche Forderungen zum Inhalt. Die Zielsetzungen deutscher Politik blieben somit im wesentlichen unberührt.

Sehr problematisch erscheint auch Elsässers Meinung, daß künftig die Obstruktionsversuche des "herrschenden Blocks" gegen das Euro-Geld zunehmen werden. Angeblich bestehe sogar die Gefahr, daß diesem "herrschenden Block" Hilfsdienste von links geleistet werden. Gemeint sind dabei sowohl die PDS als auch die Linksgrünen des Babelsberger Kreises, die angeblich eine nationalbornierte Ablehnungsstrategie gegen den Euro verfolgen und damit die Interessen des internationalen Proletariats mißachten würden. Zu diesen Behauptungen kann man eigentlich nur sagen, daß nach Meinung Elsässers der Euro gegen den Widerstand der herrschenden Klasse und deren Regierung in Deutschland durchgekämpft werden müsse. Eine doch etwas sehr merkwürdige Vorstellung.

Eine ausführliche Fassung des Beitrags findet sich in der gerade erschienenen Ausgabe Nummer 10 der Zeitschrift Kalaschnikow.