arbeitet bei der Konzertagentur Scorpio

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Ich war 16 und saß mit meinen Eltern im Rheinland vor dem Fernseher. Nach dem Tor wurde weder gejubelt noch getrauert, wir betrieben das Sportgucken eher kontemplativ. Ich war trotzdem gegen die DDR, also gegen die Kommunisten. Dabei war nach dem Besuch von Willy Brandt in Erfurt eine deutliche Entspannung in den Beziehungen zwischen der DDR und der BRD eingetreten, aber anscheinend nicht auf dem Fußballplatz, dort wurde immer noch der kalte Krieg beschworen. Das Spiel wurde in den Medien damals ganz klar als Kampf West gegen Ost, Gut gegen Böse verkauft - unsere Jungs kickten also gewissermaßen gegen die Roten Teufel.

So sah ich das wohl auch, denn als Katholik war ich auch streng antikommunistisch erzogen worden. Wir lebten in einem Dorf mit 5 000 Einwohnern, die Kirche war umgeben von lauter Bauernhöfen, der Kuhdung war gewissermaßen heilig. Es war dort alles sehr traditionell, man wurde beinahe automatisch Meßdiener und entdeckte nach einer Weile, daß man während der Messe in der Sakristei verschwinden und vom Meßdienst trinken konnte - der kam aus Südafrika, was damals einen ziemlichen Skandal verursachte. Auf mich machte das jedoch keinen großen Eindruck - einen Punkt, an dem ich den Entschluß, anders leben zu wollen, festmachen kann, gibt es einfach nicht.

Mein Lieblingsspieler war damals Günter Netzer - heute habe ich keine Lieblingsspieler mehr, auch keine Lieblingsmannschaften, sondern nur noch eine Lieblings-Haß-Mannschaft, Bayern München.