Die Kameraden sind sensibel

In großer Sorge ist die Wehrbeauftragte des Bundestages, Claire Marienfeld (CDU), wegen der zunehmenden Verweichlichung der Bundeswehrsoldaten. Soldatische Tugenden wie "Anzeichen einer steigenden Gewaltbereitschaft, verächtlicher Umgangston und besorgniserregender Werteverlust", klagt Frau Marienfeld in Unterpunkt 3.2 ihres Jahresberichts, "beschreiben keineswegs den Alltag in der Bundeswehr". "Sehr sensibel" hätten "Vorgesetzte und Kameraden" gar auf die 177 "Verdachtsfälle rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Verhaltens durch Soldaten der Bundeswehr" reagiert, die im vergangenen Jahr bekannt wurden.

Die trockenen Worte des Marienfeld-Berichts können die tragischen Szenen nicht kaschieren, die sich alltäglich hinter Deutschlands Kasernen-Mauern abspielen: Weinende Soldaten, weil der Kamerad schon wieder den Hitlergruß gezeigt hat, Oberfeldwebel, die Gefreite in höflich-schüchternem Ton bitten, sich bei Gelegenheit in tiefster Gangart zur Stellung Alpha zu begeben, nächtelange Diskussionen über den Wert des menschlichen Lebens und Gewissenskonflikte von Wehrpflichtigen. Und weil die Soldaten so sensibel sind, mahnt Frau Marienfeld unter 3.3, sollte man "sich stets vor Augen halten, welche Wirkungen ein indifferentes Traditionsverständnis auf junge Menschen ausübt". So könne "meines Erachtens durchaus darauf verzichtet werden, daß Karten aus jener Zeit, die die Heimat 'Großdeutschland' ausweisen, den Soldaten vorgezeigt werden".