Ein Jugendzentrum für die CSU

Volle neun Tage konnten die bayerischen Ordnungshüter den Betreibern des selbstverwalteten Jugendzentrums KOMM abluchsen: Am 1. Januar sollte nach dem Willen von Oberbürgermeister Ludwig Scholz (CSU) ursprünglich "die Beseitigung des Schandflecks" stattfinden, doch nun machten die Ordnungshüter die Tore schon am 21. Dezember dicht. Nach einem Konzert in der vorhergegangenen Nacht waren zwei Molotow-Cocktails durch die Scheiben des städtischen Bauamtes geflogen, das direkt neben dem Jugendzentrum liegt. Im Sitzungssaal der Behörde entstand Sachschaden. Für die Ordnungsbehörden war das ein willkommener Anlaß, das Ende des Unruheherds zu beschleunigen: Noch in der Brandnacht wurden die unbekannten Flaschenwerfer zu KOMM-Besuchern erklärt, den Betreibern die Generalhaftung für die Kundschaft aufgehalst und die fristlose Kündigung ausgehändigt. Wie die mutmaßlichen Täter den Brandsatz vom KOMM zum Amt transportiert haben sollen, weiß man noch nicht so recht: Seit gut 20 Jahren steht das Jugendzentrum permanent unter polizeilicher Beobachtung.

Die Polizei ihrerseits wird einige Beamte entlassen müssen, wenn es das Kommunikationszentrum am Hauptbahnhof nicht mehr gibt. Immer wieder hatte ihr das KOMM in vergangenen Jahren zur Arbeitsbeschaffung gedient: So, als vor genau zehn Jahren 4 000 Gendarmen aufgeboten wurden, um 300 dort tagende Atomkraftgegner zu bewachen, oder am 5. März 1981, als 141 jugendliche Atomkraftgegner festgenommen und zum Teil tagelang in Untersuchungshaft gehalten wurden, ohne daß die Akten anschließend zu einer einzigen Verurteilung gereicht hätten. Im Juni 1992 stürmte auf Anweisung des damaligen bayerischen Innenministers und heutigen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) eine Polizeieinheit unter Schlagstock-Einsatz das Jugendzentrum, weil dort eine Veranstaltung gegen den Münchener Weltwirtschaftsgipfel stattgefunden hatte. Seit 1. Januar verwaltet die CSU-Stadtregierung das ehemalige KOMM nun selbst.