Wo ißt Dad?

"Alien - die Wiedergeburt" splattert die Nöte der alleinerziehenden Frau

18 Jahre dauert nun schon der Kampf zwischen Sigourney Weaver als Officer Ellen Ripley und dem Alien, der furchtbaren Kreation des Malers H. R. Giger. Das Geschöpf wurde zur Metapher - und Weaver nicht jünger, sondern strenger. Immerhin standen ihr seit dem ersten Teil, "Alien - das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt"(GB 1979), nicht nur in jeder Hinsicht bedenkliche Geschöpfe gegenüber, sondern auch ihre skrupellosen Arbeitgeber, die sich nicht darum scherten, ihre Angestellten auf die Suche nach dem als Biowaffe geschätzten Tier ("Aliens - Die Rückkehr", USA 1986) zu schicken oder gleich als Zuchtstation ("Alien 3", USA 1991) zu mißbrauchen. Hätten mal die beiden ersten Teile nicht erst am 10. August 1990 bzw. am 28. Dezember 1990 Premiere in der DDR gehabt - die Kinobevölkerung hätte praktisch anschauen können, was der ML-Unterricht nur theoretisch vermittelte.

Der Reihe nach inszenierten Ridley Scott, James Cameron und David Fincher an der Sexual- und Kriegsparabel herum: Nun ist Teil vier da, obwohl doch "Alien 3" den "Schlußstrich der Trilogie" bildet ("Katholisches Filmlexikon"). Stimmt ja auch. Und daß viele Kritiker allerlei Parallelen zu US-amerikanischen Kriegsstratgien sehen mochten, auch.

Der Regisseur von "Alien - Die Wiedergeburt" heißt Jean-Pierre Jeunet ("Delicatessen", 1990, und "Stadt der verlorenen Kinder", 1995). Er brachte mit Ron Perlman und Dominique Pinon zwei seiner Stammschauspieler mit, war aber ansonsten bemüht, die Eigengesetzlichkeit der Serie nicht zu überschreiten. Was ihn nicht davon abhielt, einige neue Ideen hinzuzufügen. Angefangen mit der Hauptdarstellerin, die hier mit aller Gelassenheit an der Weltrettung arbeitet. In der Vergangenheit war sie mal verrückt, mal vom Pazifismus kampfunfähig geworden; mal vom Company-Neoliberalismus, mal von Monstern böse erschreckt worden. Und geschwängert. Zuletzt verkochte sie in heißem Stahl.

Ein paar Spritzer ihres Blutes müssen noch irgendwo geklebt haben, und die Company läßt 200 Jahre später daraus Ripley und ihre sieben Schwestern klonen. Alien-Gene geben ihnen ein sehr spezielles Aussehen - Vergleiche zu den Selbstversuchen der "Fliege" sind erlaubt. Alle sollten sie neue Monster gebären, nur Ripley-Weaver-Format hat's unbeschadet überstanden.

Man entfernt ihr eine Königin mittels Kaiserschnitt (der für das Ab-16-Publikum züchtig zwischen den Brüsten durchgeführt wird). Aber wer ahnt schon, daß ein Alien auch das andere frißt, um sich mit dessen säurehaltigen Körpersäften durch den Zeilenboden zu salpetern.

Einige abgerissene Köpfe, geplatzte Därme und spritzende Blutgefäße später findet sich Ripley wie gewohnt im Körbchen der Königin wieder. Angetan wird sich nichts: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Dafür sorgt dann der Nachkomme, der Mutter Alien sogleich den Oberkiefer ausreißt: Man entdeckt in dieser Kreation aus der Puppenstube ein äußerst häßliches Nachfolgemodell. Und auch das ist eine Analogie: Wir erleben die Welt heute ohne das kommunistische System als entfesseltes Kapital. Trotzdem die Muttergefühle Ripleys echt sind - mißratene Kinder hat man auch lieb - , sorgt sie für eine angemessene Vernichtung ihrer Brut: ein Film über die Nöte einer alleinerziehenden Frau. Der Vater ist abwesend - er wäre ohnehin gemampft worden: Hier handeln Gleiche. Ein schönes Spiel. In einer nicht unerheblichen Szene trickst Ripley ihre Mitstreiter mit einem weiteren Korbleger beim Baskettball aus.

"Alien - Die Wiedergeburt". USA 1997. R: Jean-Pierre Jeunet, D: Sigourney Weaver, Winona Ryder, Ron Perlman, Dominique Pinon. Start: 27. November