Gegen linke Chaoten und System

Im Schutz von Wahlrecht und rechter Stimmung plant die NPD in Hamburg einen Großaufmarsch

In Hamburg scheint es nur Rechtsradikale zu geben. Jedenfalls bemühen sich fast alle Parteien zur Bürgerschaftswahl am 21. September mit besonderer Sorgfalt um die Wähler am rechten Rand. Neben der CDU wirbt auch die SPD mit Law-and-order-Parolen für ihre Politik. Mit der Forderung nach Zuzugsperren für Ausländer und einer Innenstadt frei von Bettlern und "schwarzen Drogendealern" knüpft auch Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) an das "gesunde Volksempfinden" an. Zudem konkurrieren acht rechtsextreme Parteien um die Gunst der Wähler. Von besonderem Interesse wird dabei das Abschneiden der NPD sein. Bei den letzten Wahlen 1993 holten vor allem die Deutsche Volksunion (DVU) und die Republikaner die rechten Stimmen - zusammen 7,6 Prozent, im Arbeiterstadtteil Wilhelmsburg sogar 15 Prozent. Diesmal werden auch dem Bund freier Bürger gute Chancen eingeräumt.

Für die NPD ist Hamburg nicht gerade eine Hochburg. Dennoch hat es die NPD zusammen mit ihrer Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) in den letzten Jahren geschafft, bundesweit zur Sammlungsbewegung für Rechtsextremisten aus verschiedenen Spektren zu werden. Erlitt die NPD Anfang der neunziger Jahre zunächst starke Mitgliederverluste zugunsten der Republikaner und der DVU, wurde die Partei nach den Verboten mehrerer neofaschistischer Organisationen und Parteien zu einem Auffangbecken. Dies führte zu einer weiteren Radikalisierung. Gerade bei den JN sammelten sich zahlreiche Kader aus dem militanten Neonazispektrum. Die JN gelten spätestens seit ihrem Erfolg am 1. März in München, als 5 000 Menschen einem Aufruf der NPD/JN folgend gegen die Wehrmachtsausstellung demonstrierten, als wichtigste Struktur der militanten Nazis. In Hamburg kandidierte die NPD nicht mehr, seit 1982 ehemalige JN-Mitglieder eine Hamburger Liste für Ausländerstopp (HLA) gründeten. Diesmal nun werden beide Parteien erstmals gegeneinander antreten. Spitzenkandidat der NPD ist Ulrich Harder, der auch eine Zeitlang Chef der HLA war. Auf Platz zwei kandidiert Lothar Basler. Die Wahlkampfthemen erinnern nicht zufällig an die aktuellen Lieblingsthemen von CDU und SPD: "Arbeitsplätze für Deutsche" und "Innere Sicherheit".

Die NPD mobilisiert seit Mitte Juli im Internet für eine Wahlkampfgroßveranstaltung in Hamburg. Unter dem Motto "Leistet Widerstand - jetzt - !" will die NPD am 13. September an der Elbe aufmarschieren. Auf ihrer Homepage heißt es, die Veranstaltung könne im Gegensatz zu der geplanten, aber gerichtlich untersagten NPD/JN-Demonstration am 1. Mai in Leipzig nicht verboten werden, "da dies eine Behinderung einer zugelassenen Partei im Wahlkampf" darstellen würde. "Jeder DEUTSCH und NATIONAL denkende Mensch" (Großschreibung im Original) solle "an diesem Tag im roten Hamburg" den "linken Chaoten" zeigen, "daß die Straße dem deutschen Volk gehört und nicht irgendwelchen gewalttätigen Politspinnern". Der "nationale Widerstand" sei nach Leipzig "noch stärker geworden". "Weder System noch Chaoten" könnten "den nationalen Widerstand zerschlagen".

Doch trotz dieser Zuversicht, den Aufmarsch wirklich durchführen zu können, werden genauere Daten wie Treffpunkt und Uhrzeit wohlweislich noch nicht bekanntgegeben. Und in der Tat haben Antifaschisten bereits Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Antifaschistische Gruppe Hamburg (AGH) will mit einer "möglichst großen antifaschistischen Mobilisierung den Aufmarsch der NPD verhindern". Dabei will die Gruppe aber nicht nur "Anti-Nazi-Politik" betreiben, sondern auch "das sich bedingende Zusammenspiel bürgerlicher und faschistischer Kräfte" und den "Rassismus der Mitte" zur Sprache bringen.