Franz-Adorno-Wettbewerb

Von jenen, die im Sog der studentischen Revolten die Kritik am Bestehenden aus ihren akademischen Ritualen herauslösen und eine Praxis der Subversion des Alltags zu begründen versuchten, haben bis heute nur wenige, egal welchen Gruppierungen sie angehörten, ihre fünf Sinne beieinander behalten. Maoisten bauten verquere Kulturkampfprogramme zum Lob aufs Volk aus, die Antiautoritären suchten Wege in die große Politik und kultivierten bald jeden Schwachsinn, den sie für "verändernd" erachteten, zuletzt gar das Konzept der "Nation". Besonders die Frankfurter Abteilung des Spontitums gab sich alle Mühe, auch noch den dürftigsten Gedanken, den man einst gegen "die Herrschenden" gestellt hatte, in sein Gegenteil zu verkehren. Besonders prägnant und rumpeldumm treiben `s da heute Horrorgestalten wie Daniel Cohn-Bendit, Tom Koenigs oder Joschka Fischer.

Die Vernunft liegt allgemein darnieder. Ähnlich plan präsentiert werden mittlerweile jene Sauereien, die man "Politik" nennt. Daß die Gegenwart nach Ideologiekritik verlangt, die zumeist schon mit den schlichten Mitteln der Widerspiegelungstheorie zu bewerkstelligen wäre, ist ein Plädoyer des Aktions-Marxisten Dieter Bott, im Brotberuf Soziologe, Fanprojektleiter und Lehrbeauftragter an der Universität Duisburg. Zusammen mit Günter Amendt organisierte er 1969 das Antiolympische Komitee (AOK); heute ist Bott wahrscheinlich der letzte Schüler Adornos, der sich nicht hat blöd machen lassen. Als Privatier verlieh er zwischen 1996 viermal den "Viva-Maria-Preis" an "Außenseiter", die der "radikalen Kritik des Bestehenden verpflichtet sind"; bedacht wurden Fritz Teufel, Dieter Kunzelmann und Wolfgang Pohrt. In unregelmäßiger Folge setzte und setzt Bott daneben eine Kopfgeldprämie auf Figuren wie Matthias Horx, Hans Magnus Enzensberger und Ulrich Beck aus, um die unabgegoltenen Wahrheitsansprüche der Ideologiekritik am Studienobjekt zu demonstrieren.

Heuer stiftet Bott - wieder aus eigener Tasche - 3 000 Mark für eine Abrechnung mit den augenblicklich schwer kurrenten Mythen und Medien-Ideologemen vom geeinten und wiedererstarkten Fußball- "Ruhrpott" und dem sog. "Herz des Fußballs". Einsendeschluß ist der 11. September, Geburtstag von Franz Beckenbauer und Theodor W. Adorno. Zugelassen, so Bott, seien "alle Künste": Wer dichten will, soll dichten, wer zur Essayistik neigt, darf Fußnotenapparate entwickeln, auch den Bildhauern und Musikern steht jede Möglichkeit offen. Die Chance auf das stattliche Salär (jeweils 1 500 Mark pro Thema) steigen, hält man sich an Botts Richtlinien: "Je rücksichtsloser, um so besser." Konsequenterweise bewohnt Bott zu Düsseldorf, der geistfeindlichsten Stadt am schlimmsten aller Flüsse, am Rhein, ein hochgelegenes Appartement in der Lichtstraße. Dorthin, wo die Aufklärung noch zu Hause ist, möge man seine Beiträge senden, nämlich an: Dieter Bott, Lichtstraße 37, 40235 Düsseldorf.