Ein fremdes Kleinkind beschallt den Ostseestrand

Generation Finn-Fabian

Der Strand, das Kleinkind und die Tränen
Kolumne Von

Ein Balkon an der Ostsee, zwölf Uhr mittags beziehungsweise Frühstückszeit. Mangels Meerblicks besteht das Unterhaltungsprogramm aus Finn-Fabian, der auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig missmutig sein Treträdchen besteigt. Neben Tretrad hat Finn-Fabian vor allem eines: sehr, sehr schlechte Laune. Weswegen, kann der ungefähr Zweijährige allerdings noch nicht detailliert sagen, was aber auch egal ist, denn Wutanfälle bekommen kann er hingegen sehr wohl.

Und so wütet der Kleine zuerst leise knötternd vor sich hin, was aber am Grundübel, das ihn so furchtbar stört, nichts ändert. Also muss die Lautstärke erhöht werden, was vorbildlich gelingt, aber nicht sehr hilfreich ist, wenn weit und breit niemand zuhört außer zwei Leuten auf dem Balkon gegenüber. Die zudem auch keinerlei Anstalten machen, besagtes Grundübel abzustellen, das im Prinzip vom Wetter bis hin zur generellen politischen Lage alles sein kann.

»Finn-Fabian, wir wollten doch nicht mehr schreien!«

Nach längerem Geschrei taucht immerhin Finn-Fabians Mama auf, die kurzentschlossen nach der am Treträdchen angebrachten bunten Plastikdeichsel greift und sich daranmacht, das Kind Richtung Strand abzuschleppen. Neinneinnein! Finn-Fabian wird, man hätte es eigentlich nicht für möglich gehalten, noch ­etwas lauter. »Aber Finn-Fabian, eben wolltest du noch an den Strand.« Nope. »Du buddelst doch so gern!« Nein. »Im Matsch spielen!« Auf keinen Fall.

Die Zumutung, an den Strand gekarrt zu werden, ist eindeutig zu viel für Finn-Fabian. Und deswegen tut er nun das, was einem kleinen Jungen im Kampf gegen die Verhältnisse zu tun übrig bleibt, wenn er noch nicht bei der Letzten Generation (zu deren weiteren Plänen wir nächste Woche kommen) mitmachen darf: Finn-Fabian sorgt mit gezielter Blockade dafür, dass alle Treträdchenräder still stehen. Und schreit. Während seine Mama allen Ernstes »Finn-Fabian, wir wollten doch nicht mehr schreien« sagt.

Und dann ist plötzlich alles vorbei, denn Mama zaubert ein Halstuch aus dem Rucksack, das Finn-Fabian umgehend umgebunden bekommt. Weil klar, Treträdchen fahren ohne Halstuch ist nicht erlaubt, der Zugwind, man kennt das. Und dann ist Ruhe.