Im US-amerikanischen Profibasketball gab es einige spektakuläre Spielertransfers

Im Westen viel Neues

Der nordamerikanische Basketball wird von einer Reihe von Transfers durcheinandergewirbelt, die erheblichen Einfluss auf den Fortgang der Saison haben könnten.

Der 7. Februar war ein historischer Tag für die National Basketball Association (NBA). Mit seinem 38 388. Punkt wurde LeBron James von den Los Angeles Lakers zum Spieler mit den meisten Punkten im Laufe seiner Karriere. Er überholte damit Kareem Abdul-Jabbar, der seine Laufbahn vor knapp 34 Jahren beendet und dessen Rekord lange als einer für die Ewigkeit gegolten hatte. Kobe Bryant, Dirk Nowitzki, Karl Malone und auch Michael Jordan waren bei ihrem Karriereende allesamt noch mehrere Tausend Punkte von dieser Bestmarke entfernt gewesen.

LeBron James scheint jedoch von einem anderen Kaliber zu sein. Er hat Abdul-Jabbar nicht nur überholt, er hat auch 150 Spiele weniger für den Punkterekord gebraucht als dieser. Und wenn es nach ihm geht, ist er noch lange nicht am Ende. Wiederholt hat er in der Vergangenheit seinen Wunsch geäußert, mit seinem ältesten Sohn Bronny gemeinsam in der NBA zu spielen. Der kann frühestens 2024 gedraftet werden. Bis dahin könnte sein Vater bereits bei über 40 000 Punkten liegen – gut möglich, dass dieser Rekord mindestens genauso lange hält wie der von Abdul-Jabbar, der seit 1989 bestand.

Wenn die L.A. Lakers nochmals die Playoffs verpassen, muss man sich ernsthaft die Frage stellen, ob das Experiment, das Team ganz auf seinen Superstar LeBron James auszurichten, nicht endgültig gescheitert ist.

Was bei alledem jedoch ein wenig in den Hintergrund trat, ist, dass die Lakers das Rekordspiel ihres Superstars am Ende knapp mit 130 zu 133 verloren, und das auch noch zu Hause und gegen die Oklahoma City Thunder, die sich mitten im Rebuild befinden – also gerade viele neue Spieler verpflichtet haben, um das Team neu aufzubauen – und auch sonst alles andere als ein Spitzenteam sind. Diese hatten am Vortag gegen die Golden State Warriors, den amtierenden Meister, mit 27 Punkten Rückstand mehr als deutlich verloren.

Kein Wunder also, dass die Lakers Handlungsbedarf sahen und zwei Tage später kurz vor der diesjährigen Trade Deadline – dem Ende der Wechselfrist – erneut auf dem Transfermarkt aktiv wurden. Schon Ende Januar hatten sie in der Hoffnung, die desaströse Defensive zu stabilisieren, den Power Forward Rui Hachimura von den Washington Wizards verpflichtet. Nun kam in einem Dreieckstausch mit den Utah Jazz und den Minnesota Timberwolves der Point Guard D’Angelo Russell zurück nach Los Angeles, wo er bereits zu Beginn seiner Karriere 2015 gespielt hatte.

Gemeinsam mit Russell, dem All-Star von 2019, wechseln Shooting Guard Malik Beasley und Center Jarred Vanderbilt zu den Lakers. In einem weiteren Trade kamen Mo Bamba aus Orlando und Davon Reed aus Denver. In Los Angeles hofft man, mit diesen Neuzugängen wenigstens einige der Schwachstellen im System LeBron – Defizite in der Defensive, schlechte Dreierquoten und daraus resultierend mangelhaftes Spacing (durch Distanzschützen das Spiel auseinanderziehen) – ausfüllen zu können. Verlassen hat das Team neben einigen eher unbedeutenden Spielern der inzwischen 34jährige Russell Westbrook, der von nun an bei Utah Jazz spielen wird – sofern er sich mit dem Team nicht auf eine Auflösung seines ohnehin nur noch wenige Monate laufenden Vertrags einigt.

Westbrook ist einer der großen Unvollendeten seiner Generation. Zwar wurde er neunmal zum All-Star und 2017 sogar zum »wertvollsten Spieler« (MVP) gewählt, einen Meistertitel konnte er jedoch während seiner elf Jahren in Minnesota nie erringen. Nach Zwischenstopps in Houston und Washington landete er schließlich zu Beginn der Saison 2021/2022 bei den Lakers. Doch auch hier wurde er nicht glücklich. Auf dem Parkett wirkte er trotz ansehnlicher Statistiken häufig wie ein Fremdkörper, und das Management nahm seinen hochdotierten Vertrag zusehends als Belastung wahr.

Westbrook ist der zweitbestbezahlte Spieler der Liga, nach Stephen Curry von den Warriors und sogar noch vor LeBron James. Und es gibt wohl niemanden, der behaupten würde, dass er das Geld wert sei. Wahrscheinlich nicht einmal er selbst. Wohin es Westbrook von Utah aus verschlägt, egal ob vor oder nach Ende der Saison, bleibt eine interessante Frage. Es soll durchaus Teams geben, die Interesse an ihm hätten. Spannender jedoch ist, ob die Lakers mit ihren Neuzugängen noch einmal die Kurve bekommen und nicht zum zweiten Mal in Folge die Play-offs verpassen. Ohne eine erhebliche Leistungssteigerung des ganzen Teams dürfte das schwer werden.

Seit LeBron James 2018 von den Cleveland Cavaliers nach Los Angeles kam, hat das Team zweimal die Play-offs verpasst und ist einmal bereits in der ersten Runde an den Phoenix Suns gescheitert. Nur 2020, als die Saison anders organisiert wurde (in der sogenannten Corona-Bubble), konnte das Team um James und Big Man Anthony Davis die Erwartungen erfüllen und gegen die Miami Heat den Titel holen. Für die Ansprüche eines LeBron James, den nicht wenige für den Goat, den Greatest of All Time, halten, ist das zu wenig. Noch ein Aus nach der Regular Season und man muss sich ernsthaft die Frage stellen, ob das Experiment, das Team ganz auf die Wünsche und Bedürfnisse seines Superstars auszurichten, nicht endgültig gescheitert ist.

An der Ostküste, bei den Brooklyn Nets, kann die Frage, ob das dortige Experiment gescheitert ist, spätestens seit dem 9. Februar als beantwortet gelten. An diesem Tag, dem Deadline Day, wurde bekannt, dass Forward Kevin Durant das Team Richtung Phoenix verlassen wird. Bereits drei Tage zuvor war Point Guard Kyrie Irving zu den Dallas Mavericks getradet worden. Es war das Ende eines dreieinhalb Jahre langen Missverständnisses.

2019 war ein Jahr des Umbruchs in Brooklyn. Sieben Jahre zuvor war das Team nach über 30 Jahren in New Jersey in den Big Apple zurückgekehrt. Der sportliche Erfolg jedoch blieb weitgehend aus. Um das zu ändern, fädelte der taiwanisch-kanadische Geschäftsmann Joseph Tsai, während er gleichzeitig zum alleinigen Team­eigner avancierte, zwei Neuverpflichtungen ein, die das Potential hatten, das die Kräfteverhältnisse in der NBA dauerhaft zu verändern.

Mit Kevin Durant von den Golden State Warriors und Kyrie Irving von den Boston Celtics wechselten am 7. Juli 2019 zwei der besten Spieler der Liga nach New York. Ersterer freilich war verletzt und würde erst über ein Jahr später sein Debüt für die Nets feiern, und der ebenfalls verletzte Irving verpasste in der ersten Saisonhälfte 26 Spiele. Dann kam die Covid-19-Pandemie. Durant war im März 2020 unter den ersten Spielern der Liga, die sich infizierten, überstand die Krankheit jedoch unbeschadet. Irving machte derweil Schlagzeilen mit seiner Weigerung, sich impfen zu lassen.

Wirklich überraschend war das nicht. Immerhin war lange bekannt, dass er an Verschwörungstheorien glaubt und auch schon mal erzählte, dass die Welt eine Scheibe sei. Für sein Team hatte sein fehlgeleiteter Skeptizismus jedoch die Folge, dass ­er für viele Monate bei Spielen daheim nicht auflaufen durfte, weil in New York für Veranstaltungen in Innenräumen Impfpflicht galt.

Der Erfolg freilich wollte sich auch mit den beiden nicht einstellen. Also wurde 2021 zusätzlich James Harden aus Houston geholt. Doch auch mit ihm lief es einfach nicht rund in Brooklyn, was sicherlich auch daran lag, dass es nur ganze 16 Mal vorkam, dass alle drei Superstars zur gleichen Zeit fit waren und gemeinsam auflaufen konnten. Zwar kam das Team zum ersten Mal seit 2014 zumindest in die Halbfinalspiele der Eastern Conference, für die eigenen Ansprüche war das genügte jedoch bei weitem nicht.

Und so hatte Harden schon bald genug. Im Februar 2022 ließ er sich nach Philadelphia transferieren, in der Hoffnung, dort gemeinsam mit Joel Embiid endlich die Meisterschaft zu holen, von der er schon so lange träumt. Im Tausch kam damals neben Seth Curry, dem Bruder von Stephen Curry, Ben Simmons nach Brooklyn, der seinerseits in Philadelphia als eines der größten

Missverständnisse der jüngeren Vergangenheit gilt. Seit voriger Woche nun ist er der letzte echte Star, der bei den Nets noch übriggeblieben ist. Wenn diese es mit dem Neuanfang ernst meinen, werden sie aber sicherlich versuchen, auch ihn noch vor Ablauf seines Vertrages 2025 loszuwerden.

Auf kurze Sicht spannender ist die Frage, inwiefern Irving und Durant ihren neuen Teams weiterhelfen können. Durant trifft in Phoenix auf Devin Booker und Chris Paul, Irving wird in Dallas an der Seite von Luka Dončić und Maxi Kleber auflaufen. Beide Teams müssen damit als ernsthafte Anwärter zumindest auf den Titel der Western Conference angesehen werden.

Für LeBron James und seine Lakers sind das keine guten Nachrichten. Neben Dallas und Phoenix sind auch die Denver Nuggets um den amtierenden MVP Nikola Jokić reif für den Titel. Bei den Los Angeles Clippers ist Kawhi Leonard nach langer Verletzung zurückgekehrt, die Memphis Grizzlies haben mit Ja Morant einen der spektakulärsten Spieler in ihren Reihen, und mit dem derzeitigen Meister Golden State Warriors ist ohnehin immer zu rechnen. Sie alle sind derzeit mindestens eine Klasse besser als die Lakers. LeBron James mag vielleicht der Größte aller Zeiten sein, aber dass er alleine auch groß genug ist, um sein derzeit häufig ziel- und hilflos wirkendes Team, das zudem noch ein halbes Dutzend Neuzugänge integrieren muss, wieder zu einem ernsthaften Anwärter auf den Titel zu machen, erscheint derzeit eher unwahrscheinlich.