Das Buch »Weibliche Unsichtbarkeit« über Geschlechtermythen in der Archäologie

Unbeachtete Kriegerinnen

Die französische Historikerin Marylène Patou-Mathis zeigt in ihrem Buch »Weibliche Unsichtbarkeit«, dass die archäologische Forschung lange von Mythen über Geschlechterunterschiede durchdrungen war. Jüngere Erkenntnisse belegen, dass Frauen in der Ur- und Frühgeschichte auch andere Rollen und Funktionen hatten, als ihnen oft zugeschrieben wurden.

Wer kennt sie nicht, die Erzählung von den Jägern und Sammlerinnen: Von Männern, die jagen, kämpfen und töten, und Frauen, die Pflanzen sammeln und die Kinder hüten – weil es so in ihrer jeweiligen Natur liegt. Obwohl diese Vorstellung über die menschliche Ur- und Frühgeschichte wissenschaftlich immer mehr angezweifelt wird, vertreten sie noch immer viele Anthropologen, zudem prägt sie das allgemeine Bild von der Steinzeit. Oft wird sie apologetisch vorgetragen, um alltäglichen Sexismus zu rechtfertigen.

Die feministischen Bestrebungen der vergangenen Jahrhunderte konnten diesem Umstand also nichts anhaben. Wozu es geführt hat, dass Geschichte im anthropologischer Dimension bis heute fast ausschließlich von Männern geschrieben wurde und welche Rollen Frauen wirklich vor Tausenden von Jahren innehatten, erfährt man im Buch »Weibliche Unsichtbarkeit« der französischen Historikerin Marylène Patou-Mathis, das im vergangenen Jahr in deutscher Übersetzung erschienen ist. Es ist ein feministischer Blick auf die Ur- und Frühgeschichte, der beweist: Ein Fachgebiet, das noch bis zum ­Ersten Weltkrieg wissenschaftlich ausschließlich von Männern erschlossen wurde, bleibt blind für die wahre Rolle der Frau in der Entwicklung der Menschheit. Erst neue Analysetechniken, jüngste Entdeckungen menschlicher Fossilien und die Entwicklung der sogenannten Geschlechterarchäologie brachten lange unhinterfragte Annahmen ins Wanken.

Bei archäologischen Skelettfunden, so Patou-Mathis, sei die Zahl der männlichen Skelette stetig über­schätzt worden, weil viele robuste Frauenskelette als männlich klassifiziert worden seien.

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