Liv Strömquist kritisiert den Schönheitskult auf Instagram

»Eine Art Trauma«

Die schwedische Zeichnerin Liv Strömquist beschäftigt sich in ihrem Comic »Im Spiegelsaal« mit dem Einfluss von sozialen Medien auf das Schönheitsempfinden. Im Interview erklärt sie, warum weinende Frauen auf Instagram mit Herzen überschüttet werden, warum pornographische Bilder boomen und wovor ein belgischer Priester bereits im 17. Jahrhundert warnte.
Interview Von

Zur Zeit wird intensiv darüber diskutiert, inwieweit Instagram, Facebook und Tiktok negative Auswirkungen auf das Körperbild von Mädchen und Frauen haben. Sie fassen die Kritik noch radikaler und sagen: Spiegel fördern mentale Erkrankungen.

Interessant ist doch, sich zu vergegenwärtigen, dass die Menschheit die längste Zeit ihrer Geschichte ohne Spiegel auskam. Wenn man wissen wollte, wie man aussah, musste man in einen stillen See schauen oder einen Gegenstand zur Hand nehmen, der einen reflektierte. Es ist gerade Mal 400 Jahre her, dass Menschen Spiegel haben, was dann zu einer moralischen Debatte führte: Ist es gut oder schlecht, sich ständig im Spiegel anzuschauen?

Was denken Sie?

Der belgische Theologe Laurentius Beyerlinck behauptete, der Spiegel nähre ein Krankheit der Seele. Ich finde, er hat da einen Punkt getroffen. Wenn man sein Gesicht zu oft im Spiegel anschaut, kann das zu einer Obsession führen.

Die Moralkritik eines katholischen Priesters des 17. Jahrhunderts dürfte sich von einer feministischen Kritik aber deutlich unterscheiden. Warum ist der Spiegel aus Ihrer Perspektive ein Problem?

Eine Frau zu sein, hat historisch und gesellschaftlich eine ganz andere Bedeutung, als ein Mann zu sein. Für Frauen ist es immer noch sehr wichtig, schön zu sein, denn Schönheit gilt als essentiell für Weiblichkeit. Bei einem Mann, der erfolgreich, reich oder witzig ist, interessiert es nicht, wie er aussieht. Er kann eine junge und superschöne Partnerin haben, auch wenn er selbst nicht diese Attribute besitzt. Umgekehrt aber funktioniert das nicht. Für viele Frauen ist daher mit der Frage, ob sie gut genug aussehen, eine Art Trauma verbunden.

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