Am Meer ist es laut

Nachts am Meer

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Nachts ist es ganz still am Meer, selbst die Wellen plätschern, vom Mond silbern angestrahlt, gemächlich und leise vor sich hin. Von wegen. Denn da sind vor allem die Möwen, die auch fast 100 Jahre nach Christian Morgensterns Feststellung, dass sie alle aussehen, als hießen sie Emma, Emma heißen, alle von ihnen. Und die nachts Möwendinge tun, also herumsitzen und sehr laut herumkrakeelen und zetern und meckern, was die Frage aufwirft, wann sie eigentlich schlafen.

Die stellt sich bei den jungen Menschen und vor allem den jungen Männern allerdings auch, die im kleinen Urlaubsort nachts für Geräusche sorgen. Viele sind es nicht, was mutmaßlich daran liegt, dass sie nicht zu denen gehören, die hier endlich, endlich Ferien machen und von diesem Ferienmachen erschöpft abends um zehn in Bett sinken. Oder manchmal auch erst um elf, ist ja schließlich Fußball-EM.

Für entschlossene Urlauber gibt es aber auch sonst viel zu tun, es muss schließlich am Strand herumgelegen und im Meer geschwommen werden, dazu muss dreimal täglich auf der Promenade promeniert werden und in den Restaurants und Cafés und Strandbars herumgesessen werden. Kaum sind die Urlauber im Bett, übernehmen die Möwen den Ort, und die jungen Menschen aus der Umgebung, die dort, wo tagsüber eine Bimmelbahn fußlahme Auswärtige herumfährt, interessante Experimente mit ihren Autos anstellen. Vrooom, Flaschenklirren, Lachen, vrooom, »Brems!« rufen die Umstehenden, aber nur halblaut, und das ist offenkundig sehr unterhaltsam, bis etwas Sensationelleres passiert: »Silja kotzt.«

Silja könnte der Schatten hinten in den Dünen sein, der vermutlich auch Geräusche macht, aber die kann man vom Balkon der Ferienwohnung aus nicht hören, weil die Möwen so laut sind. Aber dann ist auch schon vorbei, die schwankende Silja wird in eines der Autos gesetzt, noch ein bisschen lautes Lachen und Flaschenklirren, dann ab nach Hause, was eine schöne Nacht.