Zwischen Burn-out und Erfolg
Daniel-Ryan Spaulding sitzt stocknüchtern auf einer Betonbank vor dem Berliner Technoclub »Berghain«. Es ist ein Sonntagnachmittag im November, einen Tag vor der erneuten Verschärfung der Coronaregeln. Spauldings Augen wirken müde, seine Stimme ist heiser. Vor der Covid-19-Pandemie wäre der queere Stand-up-Comedian zu dieser Uhrzeit sicherlich noch schwitzend und euphorisch auf der Tanzfläche zu finden gewesen. Doch seit März kommen gar keine Partygäste mehr durch die bekanntlich härteste Clubtür Berlins, nur Kunstliebhaber.
Darüber kann Spaulding nicht lachen. »Es ist ein fucking Museum geworden«, sagt er mit Pathos in der Stimme. Anfang September eröffnete die Boros Foundation die Kunstausstellung »Studio Berlin« im »Berghain«. Mit ihr will der Club die partyfreie Zeit überbrücken. »Das sind alles nur Voyeure, die da nichts zu suchen haben«, sagt Spaulding, während er auf die Schlange der Ausstellungsbesucher vor dem Club zeigt: keine leather daddies, keine androgynen Hipster mit Matrixsonnenbrillen, nur Familien in Funktionskleidung. Sein ironischer Unterton verrät, dass er den Satz nicht ganz ernst meint.
»Deutscher Humor ist sehr buchstäblich: Man meint alles, was man sagt.« Daniel-Ryan Spaulding, Komiker
Seit die Berliner Clubs wegen der Pandemie nicht mehr öffnen dürfen, ist das Gebäude des »Berghain« Spauldings liebste Comedy-Kulisse geworden: In seiner Youtube-Serie »It’s Berlin« spielt er die Kunstfigur Daniel, geschrieben mit großem N – ein partysüchtiger expat, immer auf der Suche nach der nächsten Orgie, am liebsten mit einer Gruppe israelischer Soldaten. Die Reihe machte Spaulding schnell zu einer kleinen Internet-Sensation: Ein tragischkomisches Video, in dem Daniel heulend und hysterisch vor dem »Berghain« zusammenbricht, gewann rasch große Beliebtheit.
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