Das Medium - Das Myfest

Nicht mein Fest

Kolumne Von

Was Volksfeste ausmacht, weiß praktisch jeder, der das Unglück hatte, in einer Region aufzuwachsen, in der vom Karneval bis hin zum Schützenfest alles gefeiert wird, was auch nur leidlich abscheulich ist: Rotzevolle Deppen torkeln laut gröhlend durch die Straßen, während sie auf ihrem Weg, wo auch immer er sie hinführen mag, immer mal wieder ein Kotzepfützchen hinter­lassen. Und allgemein wird sich schlecht benommen, also die dämliche Art von schlecht benommen, bei der Leute mit diesem »Endlich mal die Sau rauslassen«-Blick das tun, was sie sich normalerweise versagen. Schon früh stand fest: Man muss da weg.

Und dann wacht man plötzlich auf und wohnt mitten in der Volksfesthölle. Rechts das Myfest, unter dessen Hashtag CEOs von hippen, börsennotierten Unternehmen Selfies bei Twitter posten, um zu beweisen, dass sie auch dabeiwaren und wo Brandenburger Jungmänner an Caipi-Bars drauf warten, dass es endlich losgeht und bisschen Bullen geschubst wird, während jemand aus Bremen seinen Junggesellinnen-Abschied feiert. Und alle sind sie exstatisiert, wie wunderbar man doch im verrufenen Kreuzberg feiern kann, und nein, wie ist das geil, lass uns doch eine Eigentumswohnung hier kaufen, für die Kinder, dann könnten wir sie auch immer hier besuchen, wär’ doch praktisch. Und links das große Volksfest in dem Park, den alle Touristen ganz nonchalant Görlie nennen, was nach der Revolution verboten werden wird, das steht mal fest, andererseits: Revolution? Vermutlich würden 99 Prozent aller Revolu­tionen ohnehin damit enden, dass wir diejenigen sind, die erschossen werden, und diese hier macht keine Ausnahme.

Jedenfalls, Volksfeste. Das Myfest und alles drumherum ist nicht nur ein verdammtes Volksfest, es ist ein Megavolksfest. Und es soll weggehen, danke.