Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma musste zurücktreten. Sein Nachfolger Cyril Ramaphosa ist ein unternehmerfreundlicher Technokrat

Technokrat ohne Leopardenfell

Seite 2 – Eine von vielen Krisen

 

Dieses Image pflegte Ramaphosa auch bei der jährlichen Ansprache zur Lage der Nation, die aufgrund der Querelen um Zumas Rücktritt verschoben worden war. Dort rief er zur nationalen Einigung auf und kündigte umfangreiche Wirtschaftsförderungsmaßnahmen an sowie die Schaffung eines investorenfreundlichen Klimas und ein umfangreiches Antikorruptionsprogramm. Dabei stellte er sich in die Tradition Mandelas und des Antiapartheidkampfs – ein Erbe, dem er mit der Beschwörung einer meritokratischen Gesellschaft, in der Leistung ohne Ansehung von Hautfarbe oder Geschlecht zählt, eine klar neoliberale Interpre­tation gab.

Gleichzeitig kündigte er eine Reihe von Maßnahmen an, mittels ­derer er die endemische Armut und die hohe Arbeitslosigkeit – nach offiziellen Angaben liegt die Arbeitslosenquote über 27 Prozent – bekämpfen will. So sollen etwa die Umverteilung von Land beschleunigt und ein nationaler Mindestlohn eingeführt werden. Auch die Abschaffung von Studiengebühren – ein spätes Projekt Zumas, mit dem er sich noch einmal Zustimmung sichern wollte – will Ramaphosa in Angriff nehmen, allerdings soll dies nur für Kinder aus armen Familien gelten.

In den vergangenen Jahren war die symbolträchtige Rede zur Lage der Nation stets von Scharmützeln im Parlament begleitet worden, weil Abgeordnete der zweitgrößten Oppositionspartei, der linkspopulistischen Eco­nomic Freedom Fighters, lautstark gegen Zumas Korruption protestierten. Doch dieses Jahr blieb es ruhig.

Allerdings werden sich die Oppositionsparteien, die sich in den vergangenen Jahren vor allem durch ihre Gegnerschaft zu Zuma definierten, grundlegend umorientieren müssen. Insbesondere die Selbstinszenierung der größten Oppositionspartei der Democratic Alliance (DA), als Stimme des ökonomischen Sachverstands hat in den vergangenen Monaten an Glaubwürdigkeit verloren. Zuerst hatte die Ministerpräsidentin der einzigen von der DA regierten Provinz, Helen Zille, Tweets über die vermeintlich positiven ­Seiten des Kolonialismus geschrieben und so den Versuch, das Image der »weißen Partei« loszuwerden, konterkariert. Gleichzeitig wurde bekannt, dass jahrelang Warnungen zur gefährdeten Trinkwasserversorgung der Provinz in den Wind geschlagen worden waren. Nun wird rationiert und es ist davon auszugehen, dass Kapstadt im Juni das Trinkwasser ausgeht.

Das ist nur eine der zahlreichen Krisen, mit denen sich das Land in dem extreme soziale Ungleichheit herrscht, in den nächsten Jahren herumschlagen muss. Viele davon sind struktureller Natur und auch wenn unter Zumas Patronagesystem einiges schlimmer geworden ist, wäre es naiv zu glauben, dass diese Probleme sich unter anderer Führung, erst recht unter der eines ­Cyril Ramaphosa, in Wohlgefallen auflösen werden.