In Regensburg gibt es Proteste gegen ein Abschiebezentrum

Hallo Transitzentrum und tschüss

Die CSU will schnelle Abschiebungen. Mit sogenannten Transitzentren sollen diese künftig noch leichter möglich sein. Eines der Zentren wird in Regensburg eingerichtet, doch in der Provinzstadt formiert sich Protest.

Hinter einem hohen Zaun mit Drehtür­eingang fällt der Blick auf graue Wohncontainer des »Ankunfts- und Rückführungslagers« (ARE) Ingolstadt. Für den Bayerischen Flüchtlingsrat ist es ein Abschiebelager. Beim Vorbeischlendern an den Zäunen wird man von Sicherheitsmitarbeitern kritisch gemustert. Wie deplatziert wirkt die Mutter hinter den Gittern, die ihren Kindern beim Spielen zusieht. Für die Bewohner des Lagers besteht das Leben aus Warten. Ihre einzige Perspektive heißt Abschiebung.

Der logistische Aufwand für Abschiebungen wird minimiert, denn die Zentren sind »in guter Anbindung zum Flughafen« geplant.

Dem Bayerischen Flüchtlingsrat zufolge galt das bereits im Sommer 2016 für über 1 000 Menschen im Freistaat. Drei dieser Lager gibt es dort bislang – das erste wurde im Herbst 2015 eröffnet. Diese Einrichtungen dienen dem Bemühen der bayerischen Landesregierung um eine noch restriktivere Asylpolitik.
Die neueste Erfindung der CSU sind sogenannte Transitzentren. Sie sollen noch in diesem Jahr in Regensburg, Deggendorf und Manching eingerichtet werden. Im Zuge des »Sofortprogramms zur Inneren Sicherheit« der bayerischen Regierung werden dort Asylsuchende mit »geringer Bleibeperspektive« untergebracht und nicht wie bisher auf die Kommunen verteilt. Sozialministerin Emilia Müller (CSU) will die »Verfahren beschleunigen und zeitnahe Rückführungen ermöglichen«.

Asylsuchende, die nach Deutschland flüchten, werden nach ihrer »Bleibeperspektive« sortiert. Diese bemessen die Behörden anhand der Anerkennungsquoten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für Personen aus dem jeweiligen Herkunftsland. Die Anerkennungsquoten wiederum  folgen den politischen Vorgaben der Bundesregierung. So gelten etwa Teile Afghanistans seit Ende vergangenen Jahres wieder als »sicher« für Abschiebungen.
Auch Asylbewerber, »die über ihre Identität täuschen oder die Mitwirkung beim Asylverfahren verweigern«, sollen in den »Transitzentren« unter­gebracht werden. Möglicherweise soll dies den bürokratischen Aufwand während des Asylverfahrens reduzieren, der beispielsweise durch juristischen Widerstand oder politischen Protest entsteht. Auf jeden Fall wird der logistische Aufwand minimiert, denn die Zentren sind »in guter Anbindung zum Flughafen« geplant. In Zukunft heißt es also für die Betroffenen: Hallo Bayern und tschüss.

Von gesellschaftlicher Teilhabe sind die Betroffenen bis dahin ausgeschlossen. Sprachkurse oder Arbeitsaufnahme sind für sie nicht vorgesehen. Ohne Kontakt zur Außenwelt bleiben die Bewohner in den meist abgelegenen »Transitzentren« isoliert.

Durch die Unterbringung in Lagern werden neben der Bewegungsfreiheit auch andere Rechte der Betroffenen eingeschränkt. Schulpflichtigen Kindern beispielsweise ist in den Einrichtungen nur ein beschränkter Schulbesuch möglich. Dabei ist das Recht auf Bildung »in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben, die auch Deutschland unterzeichnet hat«, so die Bildungsforscherin Viola Georgi, Professorin an der Universität Hildesheim.

Eines der neuen bayerischen »Transitzentren« ist in Regensburg geplant. Auf dem Gelände der ehemaligen Pionierkaserne, die zuvor als Erstaufnahmeeinrichtung genutzt wurde, sollen bis zu 750 Menschen untergebracht werden. Die Wahl des Standorts dürfte viele Regenburger überrascht haben. Lange musste man jedenfalls nicht auf Protest in der Bezirkshauptstadt der Oberpfalz warten.

Vergangene Woche demonstrierte ein breites Bündnis gegen das geplante »Transitzentrum«. Unter dem Motto »Kein Abschiebelager in Regensburg – kein Abschiebelager anderswo« protestierten 300 Menschen gegen Rassismus und die bayerische Abschiebepraxis. Die Antwort einer Demonstrantin auf die ­Frage, was sie zur Teilnahme motiviert habe, war ein­deutig: »Meine Freunde und ich sind hier, weil wir gegen Abschiebungen sind. Wir wollen keine Lager. Wir wollen keine Sortierung Geflüchteter. Die Politik der CSU ist menschenverachtend!«

Bereits eine Woche zuvor hatten in Ganzkörperanzüge aus Plastik gehüllte Menschen eine Hauptverkehrsstraße in Regensburg mit einem symbolischen Grenzzaun blockiert und ein Video der Aktion ins Netz gestellt. Auf einem Banner, das quer über die Fahrbahn gespannt wurde, stand: »No Border, No Nation«. Die Protestierenden riefen andere Menschen zu weiteren Aktionen auf. In einem Text kritisierten sie die massenhaften Abschiebungen und das geplante »Transitzentrum« als Ausdruck einer rassistischen Politik.
Die Proteste werden weitergehen. Dieser Tage wird in Regensburg ein neues Bündnis gegen das geplante »Transitzentrum« gegründet.