Freudige und schreckliche Überraschungen

Eris ist die griechische Göttin der Zwietracht, Lethe der Fluss des Vergessens – aber nicht immer kann Vergessen die Lösung sein und die Zwietracht besiegen. Irrsinnige Begegnungen gibt es nicht nur im realen Leben mit wirklichen Menschen. Auch ein Gegenstand kann zu einer Begegnung führen, ein Traum oder eine plötzlich erwachte Erinnerung kann uns aus unserer gewohnten Umgebung herausreißen und unser Leben auf den Kopf stellen. Oder es endlich ins richtige Gleis bringen?
Nicht ohne Grund spielt eine der Erzählungen in dem Band »Irrsinnige Begegnungen« in einem Bahnhof. Auch wenn der Held den Bahnhof dann doch nicht verlassen wird, ereignet sich ein Aufbruch – in ihm selbst nämlich. Andere Personen, von denen die Autorin erzählt, begeben sich tatsächlich auf die Reise und versuchen, lange aufgeschobene Probleme zu lösen. Den meisten Personen in Eris von Lethes Geschichten ist zunächst an Veränderungen gar nicht viel gelegen. Auf jeweils ganz eigene und sehr unterschiedliche Weise haben sie sich mit ihrem Dasein abgefunden, träumen nur heimlich davon, auch mal mit roten Blütenblättern um sich zu werfen – weshalb die Blütenblätter übrigens auch über das Cover des Buches wirbeln.
Irrsinnige Begegnungen können als freudige oder als schreckliche Überraschung daherkommen, manchmal entlocken sie uns nur ein Schulterzucken: »Hab ich mir ja gedacht!« Immer aber ist nach der Begegnung nichts mehr so, wie es war. Verblüffende Wege zeigen sich auf, in die Versöhnung, ins Vergessen – oder in die Rache! »Irrsinnige Begegnungen« ist das erste Buch von Eris von Lethe, die im wahren Leben als Ärztin praktiziert und Gerüchten zufolge derzeit an einem Roman arbeitet. Die irrwitzigen Dinge, die in den Erzählungen passieren, trösten über die Wartezeit hinweg.
Eris von Lethe: Irrsinnige Begegnungen. Erzählungen. Edition Narrenflug, Kiel 2016, 211 Seiten, 13 Euro