Die Photovoltaik boomt nicht mehr

Mach’ es wie die Sonnenuhr

Das Geschäft mit der Photovoltaik galt lange Zeit als äußerst rentabel. Doch die große Konkurrenz auf dem Weltmarkt sorgt für schwindende Umsätze und Beschäftigtenzahlen.
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Jeder Sonnenstrahl ist verdientes Geld – so dürfte der Traum jedes Betreibers einer Photovoltaikanlage aussehen. Doch mittlerweile ist der staatlich festgelegte Einspeisetarif für die Anlagen stark gesunken. Je nach Anlagentyp erhalten Betreiber gegenwärtig nur noch zwischen neun und 13 Cent pro Kilowattstunde, was deutlich unter den gegenwärtigen durchschnittlichen Haushaltsstrompreisen von 25 bis 30 Cents pro Kilowattstunde liegt. Der starke globale Wettbewerb hat die Preise gedrückt und vor allem auch die deutschen Solarmodulhersteller um große Marktanteile gebracht. Die Zahl der deutschen Firmen in der Branche ist mittlerweile überschaubar. Die Zahl der Beschäftigten im Bereich der Photovoltaik (PV) sank von 100 000 im Jahr 2012 auf 56 000 im Jahr 2013. Große Produktionskapazitäten sind vor allem in Ostasien entstanden.

Eine Intention der rot-grünen Regierung bei der Verabschiedung des sogenannten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 war aber, den Ausbau der Stromerzeugung aus Sonnenenergie zu fördern, um so den deutschen Herstellern der Technologie Nachfrage und einen Forschungsvorsprung zu verschaffen. So sollte deutsche PV-Technik frühzeitig und günstig dem Weltmarkt zur Verfügung stehen und vor allem in den aufstrebenden Schwellen- und Entwicklungsländern als alternative Erzeugungsoption für den steigenden Strombedarf angeboten werden. Weltweit installierte man im Jahr 2014 Anlagen von 40 bis 45 Gigawatt. Allein in China, dem größten PV-Markt, wurden in den vergangenen zwei Jahren Systeme errichtet, die insgesamt knapp 23 Gigawatt Leistung bereitstellen. Die Ziele der chinesischen Regierung für die kommenden Jahre übersteigen die bisherigen sogar noch. Allerdings werden solche Anlagen kaum mehr in Deutschland produziert, weshalb die ehemals hohen Beschäftigungszahlen der Branche vermutlich nicht wiederkehren werden.
Angesichts des Wettbewerbs und des Zwangs zur Innovation gilt das Prinzip der staatlich festgelegten und subventionierten Einspeisetarife mittlerweile als überholt. Seit einigen Jahren wird nach anderen Instrumenten gesucht, um erneuerbare Energien in Deutschland auf günstigere Art zu fördern. Die neueste Form ist die sogenannte Auktionierung. Dabei werden zukünftige Baukapazitäten auf dem Photovoltaikmarkt ausgeschrieben und an die Meistbietenden versteigert. Dies soll eine übersteigerte Subvention durch falsch angesetzte Vergütungssätze verhindern. So hat die Bundesnetzagentur im April erstmals eine Auktion für eine PV-Leistung von etwa 0,15 Gigawatt durchgeführt, die ausschließlich auf großen Freiflächenanlagen gebaut werden sollen. Das verantwortliche Wirtschaftsministerium will später auch kleine und mittlere Anlagetypen sowie die Erzeugung von Windenergie auktionieren.

Angesichts der neuen Art der Vergabe geht bei kleinen Erzeugern wie beispielsweise Bürgerenergiegenossenschaften die Angst um, dass sie im harten Preiswettbewerb bei Auktionen ausgebootet werden könnten. Schließlich können große Unternehmen die Preise stärker drücken. In der ersten Auktion kamen diese kleineren Zusammenschlüsse anscheinend auch nicht wirklich zum Zuge. Ganze 40 Prozent der versteigerten Menge gingen an ein einzelnes Unternehmen. Kritik kommt vor allem von Anhängern des alten EEG: Die Möglichkeiten der Beteiligung an der »Energiewende« stünden infrage.
In einer Studie weist das Marktforschungsunternehmen Trendresearch darauf hin, dass noch im Jahr 2012 42 Prozent der mit Photovoltaik erbrachten Leistung von Privatpersonen kam, weitere 23 Prozent besaßen Landwirte. Diese Entwicklung in der PV-Energieversorgung, weg von großen Energieversorgern und hin zu dezentralen Strukturen, könnte nun also umgekehrt werden. Der Think Tank »Agora Energiewende«, dessen ehemaliger Leiter Rainer Baake (Grüne) mittlerweile Staatssekretär im Wirtschaftsministerium ist, bezeichnet die bisherigen Erkenntnisse darüber, wie die Bürgerbeteiligung durch die Auktionsmechanismen gewährleistet werden kann, daher auch als »dürftig«. Allerdings handelt es sich bei denen, die den Zuschlag erhalten haben, strukturell eher um mittlere Unternehmen. Keineswegs geht es hier um sogenannte Energieriesen wie RWE und Vattenfall. Solche Unternehmen dürften für ihre Arbeiter und Angestellten aber höhere Löhne zahlen als angeschlagene Firmen aus der Photovoltaikbranche.
Diese konnten in der Vergangenheit noch positiv gestimmt in die Zukunft sehen. Mit dem EEG und der Förderung der Photovoltaik als einer technologischen Form zur Erzeugung regenerativer Energie verfolgte die Regierung mehrere Ziele. Die deutsche Branche zu fördern und ihr eine gute Position auf dem Weltmarkt zu verschaffen, war eines davon. Zudem sollten Arbeitsplätze im Inland entstehen. Nicht zuletzt sollte eine »Energiewende in Bürgerhand«, also unter anderem auf den Hausdächern und in Genossenschaften, ermöglicht werden.
Ab Mitte der Nullerjahre stieg, nach einem schwachen Beginn, die Zahl der installierten Photovoltaiksysteme. Hohe Fördersätze für die neue Technologie, die jeder PV-Anlagenbesitzer erhielt, führten dazu, dass in kurzer Zeit überaus viele Anlagen installiert wurden. So stieg die gebaute Leistung der PV von ungefähr 1,1 Gigawatt (GW) im Jahr 2004 auf über 17,9 GW im Jahr 2010. Gegenwärtig summieren sich die bestehenden Anlagen auf etwa 38,2 GW. Die Kapazität ist damit ungefähr dreimal so groß wie die der noch betriebenen Atomkraftwerke.

Die Anschaffung einer PV-Anlage wurde überaus rentabel, weil den Besitzern durch das EEG administrativ festgelegte Preise für die Lieferung von Strom zugesagt wurden. 2004 betrug die durchschnittliche Vergütung für Strom aus Solarenergie knapp 51 Cent pro Kilowattstunde. Angesichts der damaligen Börsenstrompreise von ungefähr drei bis vier Cent beziehungsweise eines Haushaltspreises von 18 Cent pro Kilowattstunde waren die Zusatzkosten für den aus Sonnenenergie erzeugten Strom hoch. Ausgeglichen wurden sie über die sogenannte EEG-Umlage, die jeder Haushalt bezahlt. Zurzeit liegt die Umlage bei knapp 6,2 Cent pro Kilowattstunde. Im Jahr 2013 betrugen die Erlöse der PV-Besitzer nach Angaben des Wirtschaftsministeriums 9,5 Milliarden Euro bei einem Marktwert des Stroms von nur einer Milliarde Euro.
Die hohe Diskrepanz zwischen Strommarktpreisen und Kosten für PV-Strom liegt nicht nur an der Subventionierung. Ein dauerhaftes, da naturgegebenes Problem ist, dass die Anlagen nur Strom ins Netz speisen, wenn die Sonne scheint. Da diese aber oftmals an vielen Orten gleichzeitig scheint, wird das Netz zu diesen Zeiten mit etlichen Tausend Megawatt PV-Strom geflutet. Die Folge ist ein sinkender Strompreis gerade in den sonnigen Stunden – schlecht für die Besitzer von PV-Anlagen.