Entspannt am Strand

Mehr Meer

Urlaub in den Bergen ist vor allen Dingen anstrengend. Das kann nicht der Sinn von Ferien sein. Nur am Meer kann man die Seele baumeln lassen.

Rauf, runter, pass auf, rauf, runter, und das immer im Bewusstsein, dass ein falscher Schritt dazu führen könnte, dass man Richtung Tal stürzt und unterwegs an irgendeinem Felsen zermatscht wird – was daran erholsamer Urlaub sein soll, ist vollkommen unklar. Das einzig Positive an Berg­regionen ist das komplette Fehlen sehr unangenehmer Tiere wie Haie, Feuerquallen, Stachel­rochen und Seeigel. Dafür wohnen dort Pflanzen, aus denen scheußliche Schnapssorten gemacht werden, zu denen wir später kommen, braune Kühe plus vieler Kuhglocken, zu denen wir auch später kommen, große Geröllmassen und verhältnismäßig wenige Bäume, was den Aufenthalt in Gebirgen zu einer ziemlich trostlosen Angelegenheit macht.

Aber fangen wir mit dem Meer an: Idealerweise bedeutet Urlaub an einem großen, salzhaltigen und durch Gezeiten geprägten Gewässer, dass man, während der Rest des dazugehörigen Landes durch eine Hitzewelle weitgehend handlungsunfähig ist, an irgendeinem Sandstrand liegt. Die erfrischende leichte Brise, die vom Meer herweht, riecht – und das ist ganz wichtig, denn natürlich gibt es auch bei Ferien in den Nichtbergen einige Nachteile, die hier nicht verschwiegen werden sollen – nicht etwa nach schon länger totem Fisch oder vor sich hin gärenden Algen, sondern bloß nach frischer Luft. Wann immer es dann doch ein wenig zu warm wird, geht man schwimmen, während man gleichzeitig überlegt, in welchem Restaurant mit Meerblick und Terrasse man am Abend zu essen wünscht.
Womit wir wieder bei den Bergen sind, die unglücklicherweise nur wenige Schwimmmöglichkeiten bieten. Wer jemals bei rund 30 Grad plus probehalber auch nur den dicken Zeh in einen der ach so idyllischen Bergseen getaucht hat, weiß, wie eiskalt Wasser unter ungünstigen Umständen sein kann – was prima zur generellen Unerholsamkeit von Urlaub in Gegenden mit viel Gebirge passt. Dann ist da noch das Essen: Während man am Meer mit fangfrischen Fischen und hübsch dazu passendem Gemüse rechnen kann, gibt es in den Bergen neben diesen Kühen mit Glocken dran kaum Essbares, weswegen die dort entwickelten Gerichte hauptsächlich zu den heimischen Getränken passen, also diesen Schnäpsen, die zwar Himbeer-, Marillen-, Wasweißich-Geist heißen, aber niemals nach Himbeeren und den ganzen anderen eigentlich hübschen Früchten schmecken, sondern bloß nach viel Alkohol mit Zeugs drin, was allein schon mal ein großer Skandal ist. Ein Sonderfall ist der sogenannte Enzian, der gar nicht aus der nied­lichen blauen Blume besteht, sondern aus der Wurzel eines gelben Verwandten, was im Grunde ja auch okay wäre, würde man nach einmal Probieren nicht das Gefühl haben, dass so nett anzusehende Blümchen einfach gar nicht so fürchterlich schmecken können wie dieses Gebräu.

Aber wir waren beim Essen. Bis auf Wiener Schnitzel (von den netten braunen Kühen, wir erinnern uns) gibt es in den Bergen hauptsächlich seltsame Eierspeisen und Kalorien mit Beilage, plus Nachtisch, was insgesamt dazu führt, dass nach dem Essen viel Schnaps konsumiert werden muss, was auf die meisten Menschen einen eher ungünstigen Effekt hat, der unter anderem im lauten Mitsingen schauderhafter Lieder besteht, die notorisch von Heimorgelspielern in Kneipen und Restaurants angestimmt werden. Stundenlang »Im weißen Rössl« oder das Lied von der schönen blauen Donau anhören zu müssen, ist nichts, womit man seine Ferien verbringen möchte, weswegen – tja: das Meer! Während man in den Bergen als Freizeitbeschäftigung bloß irgendwo hoch- und runterlaufen kann, kann man in diesen Gewässern mit Wellen schwimmen, tauchen, schnorcheln, darauf Bötchen fahren, und anschließend gemütlich irgendwo sitzen, wo man nicht mit lokalem Liedgut genervt wird.
Und, ganz wichtig: Man kann anziehen, was man will. Während in den Bergen beispielsweise scheußliches Schuhwerk zwingend Voraussetzung ist (und für alle Fälle immer irgendeine Form von zusätzlicher Oberbekleidung mitgeführt werden muss, weil das Wetter sich ganz plötzlich dazu entscheiden kann, jetzt doch lieber ein bisschen Herbst zu machen), reichen am Meer wenige Kleidungsstücke aus, die, und das ist ganz wichtig, keinerlei Hütchen mit Gamsbärten oder Zeugs aus Loden umfassen. Dafür kann man schicke Sonnenhüte tragen, was in den Bergen nicht möglich ist, weil sie prompt von scheußlichem Wind weggeweht werden, woraufhin sie von einer zufällig vorbeispazierenden braunen Kuh aufgefressen werden (was ein klarer Minuspunkt für Wiener Schnitzel ist, man kann einfach nie sicher sein, ob es nicht zu Teilen aus der eigenen Kopfbedeckung oder aus Trachtenhütchen von Enzianschnaps konsumierenden Liedermitgröhlern besteht). Trotzdem ist es ganz gut, dass es Berge gibt, denn dadurch nehmen uns ihre Fans keinen Platz am Meer weg.