Ganz große Oper

Was andere Parteien Wahlprogramm nennen, heißt bei der Union »Regierungsprogramm für Deutschland 2013–2017«. Nach acht Jahren an der Macht wollte man bei CDU und CSU wohl keine falsche Bescheidenheit aufkommen lassen. Sehr zum Ärger der FDP, denn im Unterschied zu 2009 zieht die Union ohne Koalitionsaussage in den Bundestagswahlkampf. Die Union habe sich »vom süßen Gift des Geldausgebens« verleiten lassen«, klagte der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler im Handelsblatt. »Mietpreisbremse, Mütterrente, Mindestlohn«, das klingt verdächtig sozialdemokratisch, schien man auch bei der SPD zu finden. Das Programm sei ein »Märchenbuch«, sagte Frank-Walter Steinmeier. Karl Lauck, der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, sieht das ähnlich. In den ARD-Tagesthemen sagte er, es sei nun mal eine »traditionelle Übung«, vor den Wahlen Wahlversprechen zu machen, die anschließend wieder »wegrationalisiert« würden. Mit so entwaffnender Offenheit wurde das den Wählern selten mitgeteilt. »128 Seiten für die Tonne«, kommentierte der Stern. Sämtliche Wahlversprechen stehen unter Finanzierungsvorbehalt, nur Steuererhöhungen wird eine klare Absage erteilt.
Angesichts des verpatzten Wahlkampfauftakts, den die Union am Montag hinlegte, könnte es trotzdem amüsant werden. Vor 600 geladenen Gästen präsentierte sie ihr Programm, das bereits am Vortag verabschiedet worden war. Eine Auszeichnung hätte »jener anony­me Ironiker, der den Ort ausgewählt hat«, verdient, meinte der Tages­spiegel. Die Veranstaltung fand in den ehemaligen Opernwerkstätten in Berlin-Mitte statt, früher wurden dort Theaterkulissen gebaut. Alexander Dobrindt (CSU) begrüßte das überwiegend ältere Publikum mit dem charmanten Satz: »Die Wahrheit liegt in der Urne.« Horst Seehofer (CSU) wurde mit den warmen Worten angekündigt: »Es ist gut, wenn man eine gute Verwandtschaft hat«. Besser hätte das Peer Steinbrück (SPD) auch nicht hingekriegt.