Serie über Serien: »The L-Word«

Loving, Licking, Lying

Serie über Serien. Wer L-Word sagt, haucht dann meist auch den Namen Shane.

Aus einem Land, dass mit Nipplegate-Skandalen kokettiert, jedes »fuck« in ein »beep« verwandelt und in den gängigen Hollywoodstreifen mitten im Vorspiel abblen­det, kommt eine Serie, in der nicht mit Sexszenen gegeizt wird. Mit lesbischen Sexszenen.
Nun dürfte jedem klar sein, von welcher Serie hier die Rede ist. Loving, licking, lying, oder einfach »The L-Word«. Ausatmen. Nun darf gehaucht werden. Aus den meisten Mündern wird der Name Shane geflüstert werden, aus meinem auch. Shane McCutcheon (Katherine Moen­nig), einer der besten Gründe, diese Serie in den DVD-Player einzulegen und sogar in der Spra­chauswahl auf Englisch zu zappen.
Nun nur noch alle Freundinnen auf die Couch einladen, um die androgyne und perfekt geschminkte Projektionsfläche anzuhimmeln. Oder die Tür schließen, um nicht in den Ruf einer Porno-Konsumentin zu geraten. Und das geht in der ersten Staffel schnell. Mindestens alle fünf Minuten verschwinden zwei. Es wird gestöhnt und geschrien und nebenbei das Personal eingeführt.
Worum geht es? Eine Clique in Los Angeles. Die Sonne scheint permanent, und Geld gibt es reichlich. Sie treffen sich im Café Planet und hecheln, mit einem Pappbecher Kaffee in der Hand, süffisant den neuesten Klatsch durch. Wer mit wem? Klingt belanglos, bekommt aber Tiefgang, wenn Coming-Out-Geschichten, rassistische Erfahrungen und sexueller Missbrauch thematisiert werden oder der geeignete Samenspender gesucht wird.
Kommt ein schwarzer Spender in Frage? Die Antwort führt zur ersten ernsthaften Verstimmung zwischen Bette Porter (Jennifer Beals) und Tina Kennard (Laurel Holloman), dem noch stabilen Traumpaar. Es braucht die serienübliche Zeit, um diese Verstimmung zu lösen, sich für einen schwarzen Spender zu entscheiden und sich wieder in die Arme zu fallen.
Irgendwann werden sie sich trennen, aber das dauert noch einige Staffeln.
In den sechs Staffeln von »L-Word« verlieben, streiten und versöhnen sich die Schönheiten, und verteidigen ihre Swimmingpool-Romantik gegen homophobe Heteros und Moralapostel.
So protestieren fundamentalistische Christen gegen eine als obszön empfundene Kunstausstellung, die Bette Porter kuratiert. Die Freiheit der Kunst steht ebenso auf dem Spiel wie das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit. In der christlichen Logik wird die Fehlgeburt von Tina Kennard als Gottes Strafe für Perverse gefeiert, und noch rabiater bekommt Moira Sweeney (Daniela Sea), die später zu Max Sweenney wird, die Ansichten pubertierender Kleingeister zu spüren. Keine Antwort auf die Frage »bist du ein Junge oder ein Mädchen?« zu geben, rechtfertigt einen körperlichen Angriff. Moira greift daraufhin zur Waffe, genau wie eine andere Figur, die die Autorin von »L-Word«, Ilene Chaiken, in »Barb Wire« erschaffen hat. Aus nichtigerem Anlass zieht hier Barbara (gespielt von Pamela Anderson) die Knarre und verabschiedet sich von dem Lästigen mit: »Don ’t call me babe.«
In »L-Word« aber siegt im Großen und Ganzen die aufgeschlossene und tolerante Gesellschaft, die eine lesbische Lebensweise sogar als karrierefördernd anerkennt. So wie bei Dana Fairbanks (Erin Daniels), einer Tennisspielerin, die lange mit ihrem Coming-Out zögert, und dann als lesbische Anna Kournikova auf allen Titelbildern erscheint. Es wird gelitten und ge­liebt, die Schönen rocken zu Peaches und Sleater Kinney ab und finden – ganz ame­rikanisch – nach etlichen Selbsthilfegruppen zu sich selbst. So auch Shane McCutcheon, die ihre unzähligen Eroberungen gegen eine monogame Beziehung eintauscht, nachdem sie ihre Bindungsprobleme erfolg­reich aufgearbeitet hat – leider.