Ende einer Farce

Der nächste türkische Staatspräsident wird Abdullah Gül heißen. Spätestens im dritten Wahlgang am 28. August wird er aller Voraussicht nach gewählt werden, weil dann die Mehrheit der Stimmen für die Wahl ausreichend ist. Die regierende konservativ-islamische »Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung« (AKP), die bei den Parlamentswahlen im Juli einen überwältigenden Erfolg hatte, dürfte somit auch das höchste Staatsamt besetzen. kommentar von ömer erzeren, istanbul

Eigentlich hätte der türkische Staatspräsident bereits im Frühjahr gewählt werden sollen. Mit einer mitternächtlich ins Internet gestellten Erklärung drohten damals die Generäle indirekt mit einem Putsch. Oppositionsführer Deniz Baykal weckte die Angst vor einem Bürgerkrieg und verhinderte mit formaljuristischen Tricks die Wahl. Es waren die Militaristen, die Wächter des Status quo, die das Land in eine tiefe politische Krise stürzten und vorgezogene Neuwahlen erzwangen.

Die Quittung präsentierten die Wähler bei den Parlamentswahlen. Die »Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung« bekam fast 47 Prozent der Wählerstimmen. Bei den Wahlen 2001 waren es noch 34 Prozent gewesen.

Unbestritten ist, dass Abdullah Gül seine Lehrjahre in der Schule des politischen Islam absolviert hat, bevor er zusammen mit Tayyip Erdogan einem religiös bestimmten Politikverständnis abschwor. Er ist ein Konservativer. Erst die Einschüchterungsversuche des Militärs verliehen ihm den demokratischen Heiligenschein und die Legitimation. Nach den Wahlen haben sich die Kräfteverhältnisse zu seinen Gunsten verschoben. Doch die frommen Konservativen sind Realpolitiker. Realpolitik bedeutet auch das Arrangement mit den Militärs. Eine wirkliche Demokratisierung – der kurdische Konflikt ist noch lange nicht ausgestanden – wird es auch mit Gül nicht geben.