Wegen seines Engagements für die Antifaschistische Initiative Heidelberg hat das Land Baden-Württemberg Michael Csaszkóczy verboten, Realschullehrer zu werden. (Jungle World, 24/04) Seine Klage dagegen war in der zweiten Instanz erfolgreich.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat das Berufsverbot für Sie für rechtswidrig erklärt. Warum dürfen Sie trotzdem noch nicht unterrichten?
Der Verwaltungsgerichtshof sah sich juristisch nicht in der Lage, das Land zu meiner Einstellung zu verpflichten, auch wenn er deutlich dargelegt hat, dass er die Einstellung für die einzig denkbare Konsequenz hält. Das liegt daran, dass das Land hier einen Ermessensspielraum hat, den ihm kein Gericht so einfach nehmen kann. Da aber die vom Land angeführten Zweifel an meiner Verfassungstreue keine Rolle mehr spielen dürfen, wie das Gericht sehr klar betont hat, ist das fast gleichbedeutend mit der Aufforderung, mich einzustellen. Der zermürbende Rechtsstreit geht insofern noch weiter, aber wir haben juristisch wohl den entscheidenden Durchbruch geschafft.
Werden Sie für die vergangenen dreieinhalb Jahre finanziell entschädigt?
Da bin ich skeptisch. Ohnehin ist aber das, was da mit mir gemacht wurde, nur sehr unvollkommen mit einer finanziellen »Entschädigung« wiedergutzumachen.
Welche Konsequenzen werden Sie aus all dem für Ihre zukünftige Tätigkeit als Lehrer und für ihre politische Arbeit ziehen?
Ich habe keinen Anlass, mein Verhalten im Unterricht oder meine pädagogische Einstellung in Frage zu stellen – das haben ja auch weder das Gericht noch das Ministerium getan. Und auch wenn ich mich gern politisch lernfähig zeige: Sollte dieses Verfahren als eine klassische Konditionierung gemeint gewesen sein, dann ist es fehlgeschlagen. Ich finde es nach wie vor richtig und wichtig, öffentlich zu seiner Meinung zu stehen, auch wenn die unbequem ist. Und ich finde es richtig, linke Politik aus ihrem Nischendasein herauszuholen und öffentlich diskutierbar zu machen, gerade in Zeiten, in denen man dafür keinen Beifall bekommt.
Auch die bürgerlichen Blätter sprechen in Ihrem Fall von einem »Berufsverbot«. Diese Bezeichnung galt lange Zeit selbst als verfassungsfeindlich. Ist die Bewertung von Willy Brandt, dass die Berufsverbote ein »Fehler« waren, mittlerweile Allgemeingut?
Das würde ich nicht sagen. Schließlich zeigt das aktuelle Verfahren ja, dass es maßgebliche politische Unterstützung von Schily bis Schavan für die Wiederbelebung der Berufsverbote gab. Aber zu viele haben die Hexenjagden gegen Linke in den siebziger Jahren selbst miterlebt, als dass ihr Charakter grundsätzlich zu leugnen wäre. Obwohl auch jetzt von Seiten der Ministerien versucht wurde, den Begriff »Berufsverbot« als unzutreffend aus der Debatte zu verbannen, sind die Medien nicht darauf angesprungen.
Ihr Fall hat das Thema wieder auf die Tagesordnung gebracht. Sehen Sie darin auch eine Chance, einer Rehabilitierung aller Betroffenen näher zu kommen?
Das hoffe ich sehr. Letztlich geht es ja nicht darum, dass hier unverhältnismäßig gehandelt wurde. Jedes Berufsverbotsverfahren in den siebziger und achtziger Jahren war von ähnlichen Absurditäten gekennzeichnet wie mein heutiges. Deshalb kann es um nicht weniger gehen als um die Abschaffung der gesetzlichen Grundlagen der Berufsverbote und die Rehabilitierung der Betroffenen. Und nicht zuletzt: Ein Inlandsgeheimdienst, der für solche Umtriebe verantwortlich ist, der Verfassungsschutz also, ist nicht reformierbar – er gehört einfach abgeschafft.
interview: john philipp thurn