Paramentarier und Parlamilitärs

Mehrere kolumbianische Politiker wurden wegen ihrer Verbindungen zu den Paramilitärs inhaftiert. Nun musste deswegen die Außenministerin zurücktreten. von knut henkel

Noch Ende Januar war Consuelo Araújo in of­fizieller Regierungsmission in Berlin, drei Wochen später reichte die kolumbianische Außenministerin ihren Rücktritt in Bogotá ein. Da war ihr Bruder Alváro bereits auf Weisung des Obersten Gerichtshofs verhaftet worden, und die engen Kontakte ihrer Familie zu führenden Paramilitärs ließen sich kaum mehr bestreiten. Auch gegen ihren Vater Alváro Araújo Noguera wird ermittelt.

Andere Politiker sitzen bereits im Gefängnis, seit Mitte November hat der Oberste Gerichtshof gegen neun Parlamentarier Haftbefehle erlassen. Der Tageszeitung El Tiempo zufolge sind mindestens 21 Abgeordnete durch ungewöhnliches Abstimmungsverhalten aufgefallen. Doch die Zahl der Parlamentarier, denen zumindest eine gewisse Nähe zum Paramilitarismus nachgesagt werden kann, ist wesentlich größer, meint der Anwalt und Menschenrechtsaktivist Alirio Uribe. »Vor den letzten Wahlen haben die Paramilitärs vollmundig behauptet, dass über ein Drittel der Parlamentarier auf ihrer Seite sei. Und mit den Parlamentswahlen im vergangenen Jahr wurden es eher mehr denn weniger«, sagt der Anwalt, der im Jahr 2003 mit dem UN-Menschenrechtspreis ausgezeichnet wurde.

Für die guten Beziehungen tauchen seit dem 11. März 2006 immer wieder neue Beweise auf. Damals verhafteten Beamte der Staatsanwaltschaft den Paramilitär Edgar Ignacio Fierro Flórez alias »Don Antonio«. Der hatte im Jahr 2002 seinen Abschied von den Streitkräften genommen und war danach bei den paramilitärischen Verbänden unter dem Befehl von Rodrigo Tovar Pupo alias »Jorge 40« untergekommen.

»Jorge 40« gilt als die Nummer Zwei in der paramilitärischen Hierarchie nach Salvador Mancuso und als besonders skrupellos. Die Staatsanwälte beschlagnahmten zwei Laptops, zwei Memory-Sticks und CDs, die systematisch ausgewertet wurden. Auf der Festplatte eines der beiden Laptops fanden sich detaillierte Informationen zu über 50 Morden, die die Paramilitärs unter der Ägide von »Jorge 40« nach der Aufnahme des Demobilisierungsprozesses begingen.

Das Programm sah vor, dass die Paramilitärs mit einer weitgehenden Amnestie belohnt werden, wenn sie ihre Waffen abgeben. Menschenrechtsaktivisten beklagen seit langem, dass die paramilitärischen Verbände in vielen Regionen aktiv blieben. »Das belegen auch Geheimdienstinformationen, denen zufolge 43 paramilitärische Gruppen derzeit in Kolumbien aktiv sind«, sagt Alirio Uribe.

Doch auch der größte Geheimdienst des Landes, der DAS, ist von den Paramilitärs unterwandert. So hat Rafael García, der ehemalige Chef der Informatikabteilung des DAS, vor Gericht zugegeben, nicht nur Daten über Paramilitärs gelöscht zu haben, son­dern auch Mitglied der AUC, des paramilitärischen Dachverbands, gewesen zu sein. Er sagte aus, sein Vorgesetzter Jorge Noguera habe Informationen über Gewerkschafter, Studentenvertreter und Angehörige sozialer Bewegungen an die Paramilitärs weitergegeben. So seien zahlreiche Attentate und Morde ermöglicht worden. Im Januar übergab Mancuso dem Gericht einen Vertrag, den im Jahr 2001 führende Paramilitärs mit Abgeordneten abgeschlossen hatten.

Die meisten dieser Abgeordneten gehören, ebenso wie die bereits verhafteten Parlamentarier, der Regierungskoalition von Präsident Álvaro Uribe Vélez an. Erst mehrere Wochen nach den ersten Festnahmen äußerte sich Uribe, er forderte, dass alle Politiker mit Verbindungen zu Paramilitärs diese offen legen sollten. Diese Verbindungen reichen offenbar bis in sein Kabinett, und auch Uribes Bruder werden Kontakte zu den Paramilitärs vorgeworfen. Seinem Ansehen im Ausland haben die Enthüllungen bislang nicht geschadet. Menschenrechtler wie Alirio Uribe fordern jedoch internationale Reaktionen auf den seit Monaten schwelenden Skandal.