Dieses und jenes Europa

Zugangsbeschränkungen für die neuen EU-Staaten von thorsten mense

Kurz vor dem geplanten Beitritt von Bulgarien und Rumänien zur Europäischen Union am 1. Januar 2007 haben mehrere Staaten sich gegen Arbeitsmigration ausgesprochen. Neben Irland, Großbritannien und Spanien will auch Deutschland den osteuropäischen Arbeitern vorerst keine uneingeschränkte Freizügigkeit zugestehen.

»Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken.« 35 Prozent der Deutschen teilen einer jüngst veröffentlichten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge diese Einstellung, die als rechtsextrem eingestuft wird. Die Bundesregierung ist offensichtlich ähnlicher Meinung und hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, demzufolge auch nach dem EU-Beitritt der beiden Länder noch sieben Jahre lang die bisherigen Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt bestehen bleiben sollen. Bereits bei der jüngsten EU-Erweiterungsrunde vor drei Jahren hatte die Bundesregierung für die zehn neuen Mitgliedsstaaten eine solche Übergangsregelung festgelegt, »aufgrund der Arbeitsmarktlage«.

Wenn das höchste nationale Gut – Arbeitsplätze – in Gefahr scheint, tritt das gemeinsame europäische Projekt schnell in den Hintergrund. »Die Zuwanderung in die Arbeitsmärkte muss in der Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten bleiben«, sagte Innenminister Wolfgang Schäuble der Deutschen Presseagentur am Rande des G6-Treffens Ende Oktober.

Auf dem Treffen der sechs größten europäischen Staaten haben Deutschland und Frankreich ein gemeinsames Papier vorgelegt, in dem das tot geglaubte Gastarbeitermodell unter neuem Namen wieder zum Leben erweckt wird. Schäuble und sein französischer Amtskollege Nicolas Sarkozy wollen angeblich die legale Einwanderung vereinfachen, jedoch zeitlich begrenzen und effektiver kontrollieren. Arbeitskräfte aus armen Ländern könnten demnach mehrere Jahre in der EU arbeiten, in dieser Zeit Geld in ihre Herkunftsländer überweisen und dann mit neuem Wissen zurückkehren.

Ein guter Plan, zumindest für die EU-Staaten. Die Summe des Devisentransfers von Migranten überragt schon heute weit die Summe der staatlichen Entwicklungshilfe, so können sich die wohlhabenden Staaten noch mehr aus der politischen Verantwortung für die ökonomische Lage in den afrikanischen Staaten ziehen. Und was das »neue Wissen« betrifft: Bei näherer Betrachtung vieler Tätigkeitsbereiche von Migranten aus armen Ländern stellt sich die Frage, was das Wissen über Müllbeseitigung oder Gemüseernte den Herkunftsländern bei der wirtschaftlichen Entwicklung helfen soll.

Der deutsch-französische Vorschlag sieht weiter vor, nationale Quoten für Einwanderer einzuführen. Diese sollen an die EU-Kommission weitergeleitet werden, um dann als Druckmittel gegen Herkunftsländer eingesetzt zu werden, die nicht effektiv genug gegen illegale Migration vorgehen. Je mehr illegale Migranten aus einem Land kommen, desto weniger legale Migranten werden aufgenommen, so die Idee.

»Viel Migrationskontrolle, wenig Flüchtlingsschutz«, so fasste der Generalsekretär des Europäischen Flüchtlingsrats, Bjarte Vandvik, den Inhalt des Schäuble/Sarkozy-Papiers zusammen. Erneut wird die angebliche Erleichterung legaler Migration unter der Maxime des ökonomischen Nutzens für die Zielländer als Argument benutzt, um ohne schlechtes Gewissen noch repressiver gegen illegale Migration vorzugehen.