Bonos Bonität

Der Sänger der unerträglichen Band U2 ist bei dem neoliberal orientierten Medienimperium Forbes eingestiegen. von christian stock

An Erlösungsphantasien hat es Bono noch nie gemangelt. Ob es um seine Heimat Irland, die Armut Afrikas oder die Bedrohung der Welt durch Aids geht, stets ist der christlich inspirierte Sänger der Rockband U2 mit moralischen Appellen zur Stelle. So viel publikumswirksames Engagement zahlt sich aus: Im Dezember 2005 kürte das Time Magazine den »guten Samariter« Bono zusammen mit Melinda und Bill Gates zu den »Personen des Jahres«.

Als Samariter dürfte Bono alias Paul David Hewson seit neuestem auch von der US-amerikanischen Verlegerfamilie Forbes wahrgenommen werden. Denn dank einer kräftigen Finanzspritze von Bonos Beteiligungsfirma Elevation Partners konnte deren gleichnamiges, schwer angeschlagenes Wirtschaftsmagazin vor der drohenden Einstellung bewahrt werden. Mit einer Einlage von schätzungsweise 250 bis 300 Millionen Dollar hält Elevation einen 40-Prozent-Anteil am Forbes Magazine und dessen Online-Portal. Branchenkenner vermuten, dass nun genug neues Kapital für die Expansion im Internet vorhanden ist und Forbes die Flucht nach vorn antreten kann. Das Print-Magazin soll mit Aus­gaben in Indien, China und Osteuropa außerdem neue Märkte erobern.

Das Medienimperium wurde bereits 1917 vom schottischen Einwanderer B.C. Forbes gegründet. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte dessen Wirtschaftsmagazin zur »Bibel des Kapitalismus« (FAZ). Weltweit bekannt ist es vor allem durch die alljährlich aktualisierte Liste der reichsten Menschen der Welt. Politisch den US-amerikanischen Konser­vativen nahe stehend, wirbt das Magazin seit Jahrzehnten für ungehemmte Wirtschaftsliberalisierung und wendet sich scharf gegen alle sozialstaatlichen Bestrebungen. Bei Forbes können Investoren stets genau nachlesen, in welchen Ländern das Investi­tionsklima besonders günstig ist – etwa durch die Unterdrückung von Gewerkschaften. Als aktueller Anlagetipp gilt Mexiko – weil dort nicht der als links geltende Präsidentschaftskandidat López Obrador, sondern der »pro-business«-eingestellte Felipe Calderón die Wahl gewann. Die von Forbes propagierten Anlagestrategien und Wirtschaftspolitiken trugen in der Vergangenheit genau zu jener Verschuldung von Dritte-Welt-Staaten bei, die Bono im Bunde mit Tony Blair und Ger­hard Schröder angeblich lindern wollte.

In den neunziger Jahren expandierte Forbes Media massiv, beflügelt durch das selbst mit vorangetriebene Wachstum der internationalen Finanzmärkte und der New Economy. Als diese sich als Seifen­blase erwies und das Anzeigenaufkommen sank, geriet auch Forbes in Schwierig­keiten. Zur mangelnden Liquidität trugen zudem die Präsidentschaftskandidaturen von Steve Forbes in den Jahren 1996 und 2000 bei, die rund 70 Millionen Dollar kosteten. Forbes wollte mit einem stramm neoliberalen Programm für die Republi­kaner antreten, unterlag jedoch den innerparteilichen Konkurrenten Robert Dole und George W. Bush. Gegen­über der New York Times beklagten sich die Gebrüder Forbes, dass sie wegen der finanziellen Schwierigkeiten sogar ihren Privatjet und die Fabergé-Porzellaneier verkaufen mussten.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass das bisher in Familienhand befindliche Unternehmen sich nun selbst von einem Investor abhängig macht, der von Attac und anderen Sozialdemokraten als »Heuschrecke« bezeichnet würde. Denn die in New York und San Francisco ansässigen Elevation Part­ners investieren als Private Equity Fund das von privaten Anlegern zur Verfügung gestellte Kapital gezielt in einzelne Firmen, die in Schwierigkeiten stecken oder expandieren wollen. Private Equity Funds unterliegen nicht den beteiligungsrechtlichen Beschränkungen, wie sie etwa bei Aktienbesitz gegeben sind. Weil sie ihr Kapital in der Regel kurz- bis mittelfristig anlegen, drängen die priva­ten Beteiligungsgesellschaften auf schnelle Renta­bilität. Diese wird nicht selten durch massiven Stellenabbau, Herauslösung von profitablen Filetstücken und Steuerflucht erreicht.

Vor einem Jahr legte Elevation den ersten Fonds in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar auf. Wie viel davon aus Bonos Privatvermögen stammt, ist nicht bekannt. Der Rockstar zählt jedoch zu den sechs Gründungsmitgliedern von Elevation. Bono fungiert hier als »Managing Director«. Unterstützt wird er dabei unter anderem von Fred Anderson, einem früheren Finanzvorstand von Apple. Bislang investierte Elevation vor allem im Medienbereich, etwa bei einem Online-Portal für Wohnhäuser und bei den Videospielproduzenten Bioware und Pandemic. Die letztgenannte US-Firma macht derzeit Schlagzeilen, weil sie mit »Mercenaries 2: World in Flames« ein Söldner-Simula­tionsspiel entwickelt, in dem es um die Invasion von Venezuela geht – ein Land, in dem die Bush-Regierung am liebsten einen Regime Change erzwingen würde.

An den Verhandlungen mit Forbes war Bono nach Angaben seines Partners Roger McNamee nicht direkt beteiligt. Der Sänger heiße das Geschäft jedoch ausdrücklich gut, so McNamee. Bono schätze an Forbes, dass deren Magazin während seiner gesamten Geschichte eine »konsistente Philosophie« vertreten habe. Gegenüber der New York Times vertrat McNamee die Ansicht, dass die Beteiligung an Forbes »nicht notwendigerweise« zu Bonos Politik und Rhetorik im Gegensatz stehe. Bono selbst war nicht zu einer Kommentierung bereit.

Ein gewiefter Geschäftsmann ist Bono nicht erst seit der Gründung von Elevation. Anders als viele andere Bands haben U2 fast sämtliche Rechte an ihren Songs inne und wissen dies auch in schwar­ze Zahlen umzumünzen. Etwa durch Steuerflucht – die Holding »U2 Limited« siedelte von Irland nach Amsterdam über, weil in den Niederlanden Einkünfte aus Urheberrechten kaum besteuert werden. Die wahre Bedeutung des Künstlernamens von Mr. Hewson dürfte indes spätestens mit dem Forbes-Deal ­gelüftet sein: Bono steht für Bonität.