Der Mann fürs Grobe

Der Generalstabschef der Hizbollah, Imad Mughniyah, empfängt seine Befehle direkt aus dem Iran. von ulrich w. sahm, jerusalem

Im Libanon ist die Hizbollah das Hauptziel israelischer Kampfbomber. Aber kein Tag vergeht ohne eine Erwähnung des Iran. Das Dar al-Himkeh Hospital bei Baalbek, von einer wohltätigen iranischen Organisation finanziert, war Ziel eines Kommandounternehmens der israelischen Armee. Israel bombardierte eine Abschussrampe iranischer Zilzal-Raketen mit einem 600-Kilo-Gefechtskopf in einem Lager, wo revolutionäre Garden des Iran einst Kämpfer der Hizbollah trainierten. Jedes Jahr finanziert Iran die Hizbollah mit 100 bis 200 Millionen Dollar.

Kontakte der Hizbollah zum Iran, militärisch, ideo­logisch wie persönlich, sind ein offenes Geheimnis. Die Treffen von Scheich Nasrallah mit den Mullahs und Präsident Ahmedinejad sind dabei aber nur die Spitze des Eisbergs. Der wichtigste Kontakt läuft über den Militärkommandeur der Hizbollah, Imad Mughniyah, auf dessen Kopf die Amerikaner fünf Millionen Dollar ausgesetzt haben. Angeblich suchte Scheich Nasrallah nach dem Bombardement seines Befehlsbunkers in Beirut Zuflucht in der iranischen Botschaft in Damaskus. Von dort leitet Imad Mughniyah vermutlich den perfekt organisierten Raketenkrieg der schiitischen Miliz.

Mughniyah war es auch, der die Entführung von zwei israelischen Soldaten am 12. Juli organisierte. Ein koordinierter Beschuss Israels entlang der ganzen Grenze sorgte für Ablenkung. Dann schlug ein Hizbollah-Kommando am Grenzzaun zu. Nur dort gab es keine Kameraüberwachung. Erst anderthalb Stunden später bemerkten die Israelis die Entführung und nahmen die Verfolgungsjagd auf. Jenseits der Grenze geriet ein Panzer gleich in eine Falle. Ein Fass mit mehreren hundert Kilo Sprengstoff explodierte unter dem Panzer. Allein um die Toten zu bergen, mussten die Soldaten einen halben Tag gegen einen Hinterhalt kämpfen.

Der Zeitpunkt war ganz im Sinne Teherans. Das G 8-Gipfeltreffen in St. Petersburg stand bevor. Auf der Tagesordnung stand internationaler Druck auf den Iran wegen der Uran-Anreicherung. Die Hizbollah erreichte ihr Kriegsziel schon in der ersten Minute. Der Krieg im Libanon überschattete den Gipfel. Zudem kam Präsident Ahmedinejad seinem Ziel einen Schritt näher, Israel von der Landkarte zu löschen: Israelis reden von einem »Existenzkampf Israels«, während strategische Ziele wie Haifa, die petrochemische Industrie und das Kraftwerk bei Caesarea ohne wirksame Abwehr den Raketen der Hizbollah-Miliz ausgeliefert sind.

Der 44jährige Mughniyah erhält seine Befehle aus Teheran. Seine Karriere hatte er als Leibwächter von Yassir Arafat begonnen. 1983 organisierte er die ersten Selbstmordattentate mit Autobomben gegen US-Marines, gegen die amerikanische Botschaft und französische Friedenstruppen. Die Attentate forderten hunderte Tote. Mughniyah stand vermutlich auch hinter Bombenanschlägen in Buenos Aires gegen das jüdische Gemeindehaus und die israelische Botschaft. Er soll sogar Ussama Bin Laden das Bombenbauen beigebracht haben. Der »Generalstabschef« der Hizbollah unterrichtete im Winter 1993 Aktivisten der palästinensischen Hamas in der Technik der Selbstmordattentate. Hamas-Aktivisten wurden auch im Iran trainiert. Immer wieder führt die Spur des Hizbollah-Militärkommandanten in den Iran.

»Alle antiisraelischen Kräfte im Mittleren Osten sind ein verlängerter Arm der iranischen Diplomatie«, meint der iranische Journalist Saloumeh Peyam. »Sie sind stets bereit, den Friedensprozess zu stören.« Das bestätigte sogar PLO-Chef Arafat zu Lebzeiten gegenüber dem iranischen Journalisten Ali Reza Norizadeh in London: »Wenn immer eine Annäherung mit Israel in Sicht ist, sabotieren von Iran unterstützte palästinensische Extremisten die Friedensbemühungen.«