Alle schwul

Homosexualität und Fußball von jürgen kiontke

Dieser Tage hört man immer wieder: Profi-Fußball ist die letzte Tabuzone – für Homosexualität. Würden sich schwule Spieler outen, wären sie weg vom Fenster.

Nun könnte man einwenden: Müssen die denn überall dabei sein? Oder: Es gibt gar keine schwulen Fußballer! Es gibt ja auch keine schwulen Priester. Und im Frauenfußball sind doch schon alle schwul.

Spaß beiseite: Homosexualität im Fußball – da gibt es deswegen nichts zu reden, weil es der schwule Sport schlechthin ist. Alle Fußballer und alle Männer sind schwul. »Von hinten decken«, »eng am Mann«, »Strafstoß« – das ganze Fußballvokabular ist doch randvoll mit diesbezüglichen Anspielungen. »Schwule Sau« ist übrigens das Lieblingsschimpfwort im Fußball. Und dann die Spieler: Beckham, Ballack, Nedved – sehen alle aus, als stammten sie aus einem Schwulenporno. Gegenprobe: Heteros sind Johannes Heesters, Ottfried Fischer, der deutsche Schäferhund. Würde sich ir­gend­ein heterosexueller Mann fünfmal die Woche mit anderen Männern treffen – nur um sich auf der Wiese herumzubalgen und anschließend zusammen nackt zu duschen? Wer sonst wickelt sich schon in bunte Fahnen?

Gecovert wird gern, das Original will, wie so oft, keiner haben. Sich im Profi­fußball als schwul zu outen, könnte schlim­me Folgen haben. Einer – Justin Fashanu aus England – hat’s getan und mit Selbstmord bezahlt. Ein anderer – Pelé – hat sexuelle Erfahrungen mit Män­nern zugegeben. Aber Fußball-Elfe Pelé ist seltsamerweise nicht schwul, sondern immer nur inkontinent.

Vielleicht aber wären die Folgen eines Outings auch gar nicht so drastisch – ein Haufen Fußballfans ist ja auch rassistisch, was keinen Verein hindert, Spieler von sonst wo zu verpflichten. Derjenige, den es trifft, hätte jetzt vielleicht einen Anreiz: Geld. Die österreichische Wett­agen­tur Gamebookers ließ letztes Jahr wissen, es sei statistisch unmöglich, dass es keine schwulen Fußballer gibt. Gamebookers bot daher die Möglichkeit, darauf zu wetten, ob homosexuelle Fußballer der höchsten europäischen Ligen an die Öffentlichkeit treten werden. Wenn sich gar ein schwules Profi-Fußballerpärchen outen sollte, gibt es dafür sogar eine Quote von 51. Der Anfang ist gemacht. Insider-Wette erlaubt!