The World - made by Pasta

Schlechte Nachricht für Christen: Es war nicht Gott, der uns erschaffen hat, sondern das »fliegende Spaghettimonster«. Die »Pastafari«-Bewegung gewinnt in den USA immer mehr Anhänger. Ein Interview mit bobby henderson, dem Propheten der Bewegung

Im Juni hat der US-amerikanische Physiker Bobby Henderson eine neue Glaubensgemeinschaft gegründet, die Religion vom Fliegenden Spaghettimonster. Die Anhänger bezeichnen sich als »Pas­tafaris«. Auf sie warten im Himmel angeblich ein »Bier-Vulkan« und eine »Stripper-Fabrik«. Die »Pastafaris« glauben, dass die Welt vor rund 4 000 Jahren vom »Fliegenden Spaghettimonster« erschaffen wurde. Der 25jährige Henderson hat eine Prämie ausgelobt: »Wir sind bereit, jedem 250 000 US-Dollar zu zahlen, der den empirischen Beweis erbringen kann, dass Jesus nicht der Sohn des Fliegenden Spaghettimonsters ist.« Das Preisgeld wurde inzwischen auf eine Million Dollar erhöht.

Sie sind der Prophet der Pastafari-Bewegung, die sich als Opposition sowohl gegen die Evolutionstheorie als auch gegen die Kreationisten versteht.

Wir bieten einfach nur eine alternative Theorie, aber einzigartig daran ist, dass diese übernatür­liche Theorie auf empirischen Beweisen fußt.

Wie sehen die aus? Und woher stammt der Mensch Ihrer Auffassung nach?

Wir gehen davon aus, dass alle Menschen Piraten als Vorfahren hatten. Darwinisten hingegen glauben, unsere Vorfahren seien Affen gewesen, weil wir rund 95 Prozent der DNA mit ihnen teilen. Aber mit Piraten haben wir über 99 Prozent Übereinstimmung. Wir glauben, dass das Fliegende Spaghettimonster wütend ist über die seit 1820 stetig rückläufige Piraten-Population, was man anhand der parallel dazu ansteigenden globalen Erderwärmung und anderer Naturkatastrophen eindeutig kausal nachweisen kann. Deshalb versuchen wir, ihn zu erfreuen, indem wir zu unserem natürlichen piratischen Erbe zurückkehren.

Mit welcher Mission hat das Fliegende Spaghettimonster seinen Propheten beauftragt?

Ich glaube, es ist meine Bestimmung, das Wort des nudligen Meisters zu verbreiten. Er offenbarte sich mir eines Nachts vor ein paar Monaten.

Haben die Pastafaris auch Feiertage?

Ja, den Freitag.

Welche religiösen Rituale vollziehen Sie an einem heiligen Freitag?

Es wird erwartet, so faul wie möglich zu sein. ­Arbeit oder jede andere Produktivität wird dort oben nicht geschätzt. Schulen oder Unternehmen, die Pastafaris an diesem Tag nicht freigeben, verstoßen gegen unser verfassungsmäßig verbrieftes Recht der Religionsfreiheit.

Am 1. November hat der Bildungsausschuss des US-Bundesstaates Kansas die Unterrichtung der Intelligent-Design-Theorie als Alternative zur Evolutionstheorie gebilligt. Bereits im Juni hatten Sie einen Offenen Brief an die Schulbehörde geschickt. Was war Ihre Forderung?

Wenn die Definition von Wissenschaft derart verändert wird, dass sie übernatürliche Erklärungen in den Lehrplänen einbezieht, muss unsere Theorie ebenfalls einbezogen werden. Schließlich wird unsere Theorie von der wissenschaftlichen Community weit mehr unterstützt als die christliche Intelligent-Design-Theorie.

Was war, angesichts der schlechten Aussichten für Ihre Forderung, Ihr persönliches Motiv, diesen Brief zu verfassen?

Gehässigkeit.

Wie viele Anhänger hat Ihre Kirche? Und gibt es auch Gläubige außerhalb der USA?

Mehrere Millionen. Unsere Website wurde bereits von über 150 Millionen Menschen besucht. Wir haben Unterstützer in über 20 Ländern.

Waren Sie überrascht über die enorme Aufmerksamkeit für Ihre Bewegung?

Ja. Und es überrascht mich, wie lange diese Bewegung schon andauert. Sicher ist eine Menge Leute besorgt, was diese religiösen Irren mit der Wissenschaft anstellen. Aber ich glaube, dass das Fliegende Spaghettimonster uns einige tausend Jahre begleiten und alle anderen Religionen schließlich assimilieren wird.

Was ist das Ziel Ihrer Bewegung? Eine Abrechnung mit den Kreationisten?

Es ist mehr als das. Kurzfristiges Ziel ist die Errichtung einer Kirche, genauer eines Piratenschiffs, das allen Gläubigen für Gottesdienste und zur Entspannung offen steht. Alle Einnahmen von unserem bald erscheinenden Buch, das im Internet vertrieben wird, werden diesem Zweck zugeführt. Langfristig wünsche ich mir, dass die Religion des Fliegenden Spaghettimonsters genauso viel Aufmerksamkeit in Schulen und Regierungen erhält wie andere Religionen auch, sprich: keine.

In Ihrem Offenen Brief haben Sie gedroht, Sie würden mit »rechtlichen Aktionen« weitermachen, wenn die Pastafari-Religion nicht in Schulen unterrichtet wird. Erwägen Sie diese Option noch?

Allerdings. Und es gibt einige Richter, die ihre Unterstützung zugesagt haben. Wir werden voranschreiten, wenn die Zeit reif ist.

Das Fliegende Spaghettimonster hat mehr Erfolg im Kampf gegen die Vorstöße der Kreationisten als in der Entwicklung der Wissenschaft.

Ich weiß nicht, ob es überhaupt erfolgreich ist auf einem dieser Gebiete oder ob es für die meisten Menschen einfach ein amüsantes Gedankenexperiment ist. Der Zweck des Projektes ist es nicht, die Ideen der Kreationisten zu bekämpfen, oder jene der Wissenschaftler. Es geht nur darum, religiöse Dogmen aus dem wissenschaftlichen Lehrplan herauszuhalten, und darüber hinaus aus Staat und Regierung.

Warum hat das Fliegende Spaghettimonster eigentlich die Kreationisten erschaffen?

Es hat einen schelmischen Sinn für Humor. Aus demselben Grund hat es auch die Darwinisten erschaffen.

Neben den vielen Hassbriefen, die Sie bekommen, finden sich auf Ihrer Website auch Kommentare von besorgten Bürgern. Viele befürchten, dass die Parodie ihr Ziel verfehlt und religiöse Menschen kränken könnte, und dass sie die Wissenschaftler darin bestärkt zu meinen, sie könnten alles erklären und bräuchten keinerlei Respekt gegenüber anderen Theorien zu haben. Wie reagieren Sie auf solche Kritik?

Ich habe kein Problem mit Christen und ihrem Glauben. Ich will ihren Glauben nur nicht in den Lehrplänen der öffentlichen Schulen sehen, und schon gar nicht definiert als Wissenschaft. Ich kann gar nicht verstehen, dass es Menschen gibt, die das nicht verstehen.

Feiern Pastafaris Weihnachten?

Den gesamten Dezember über und teilweise auch im Januar wird gefeiert. Wir bezeichnen unseren Urlaub als das, was er ist: »Urlaub«. Vielleicht ist es Ihnen ja aufgefallen, dass viele Schulen und Unternehmen von der »Ferienzeit« statt von der »Weihnachtszeit« sprechen. Das ist ein starker Beleg für den wachsenden Zuspruch, den die Religion des Fliegenden Spaghettimonsters erfährt.

interview: gilles bouché und Sophie feyder