Flexibel für die EU

Bei einem spanischen Werftunternehmen wurden fast 40 Prozent der Arbeiter in die Rente geschickt. Fregatten für Venezuela sollen dem spanischen Schiffsbau aus der Krise helfen. von tom kucharz, madrid

Das seit geraumer Zeit diskutierte Ende der staatlichen Werftindustrie in Spanien rückte im vergangenen Monat wieder ein wenig näher. Wie bereits Ende des vorigen Jahres angekündigt, wurde das Unternehmen Izar mit seinen zehn Niederlassungen auf Druck der EU-Behörden zwangsweise verkleinert und teilprivatisiert. Im Dezember einigten sich die Gewerkschaften und die Staatliche Gesellschaft für Industriebeteiligungen (Sepi) auf ein entsprechendes Abkommen. Demnach bilden seit Januar sechs Werften unter dem Namen New Izar die neue staatliche Holding. Die alte Firma soll im März offiziell liquidiert werden. Nach Absprache mit der EU darf New Izar zwar weiterhin 20 Prozent zivilen Schiffsbau betreiben, gefertigt wird aber vor allem Kriegsgerät, da diese Branche nach EU-Vorschriften subventioniert wird. Die restlichen Werften sollen ab April verkauft werden.

Die heftigen Proteste der Belegschaft gegen die Aufteilung von Izar im Herbst vorigen Jahres verhinderten zwar die vorläufige Schließung von zwei Standorten im andalusischen San Fernando und in Fene in der Bucht von Ferrol, Galizien (Jungle World 50/04). Nicht aufhalten konnten sie jedoch die Frühverrentung von etwa 4 200 der zuletzt noch 10 800 bei Izar beschäftigten Arbeiter. Verhindert werden konnte auch nicht die Privatisierung der restlichen vier Niederlassungen. »Hätten wir das Abkommen nicht unterzeichnet«, rechtfertigte sich der Betriebsratsvorsitzende in Fene, Jorge Prieto, »wäre auch unsere Werft jetzt zu.« Die Betroffenen erhalten fortan 76 Prozent ihres Gehalts.

Die sozialdemokratische Regierung bricht mit dem Abkommen das im Herbst gegebene Wort, für alle Standorte und Beschäftigten eine Lösung zu finden. Für die Beschäftigten der zu privatisierenden Werften gibt es keine Garantien. Etwa 30 000 bis 40 000 Menschen sind mittelfristig gezwungen, im Dienstleistungssektor der Ballungszentren eine Stelle zu suchen. Vor allem für die jungen Leute der traditionellen Werfthochburgen gibt es seit Jahren keine Berufsaussichten. Die im Juni vorigen Jahres angekündigten Hilfsprogramme für die betroffenen Regionen gibt es bislang nur auf dem Papier.

Kurzfristige Auftragseingänge haben einen rein politischen Hintergrund. So sollen in den Werften Andalusiens, einer Hochburg der Sozialisten, bald Kriegsschiffe für Venezuela vom Stapel laufen. Die örtlichen Medien sprechen von 600 gesicherten Arbeitsplätzen für die nächsten sechs Jahre. Im Januar begab sich eigens der Verteidigungsminister, José Bono, auf Bitte des Verwaltungsrates von New Izar nach Venezuela, um dort Aufträge zu erhalten. Venezuelas Präsident, Hugo Chávez, bestellte prompt vier Fregatten für die Küstenwache. Genau richtig für die Wahlen in Galizien kam dann der Auftrag der algerischen Firma Hypoc Shipping Company, in Ferrol einen ihrer Erdgastanker zu modernisieren. Das entspricht einem halben Jahr Arbeit für die gesamte Belegschaft und für weitere 400 Teilzeitbeschäftigte.

Die spanischen Werften stecken bereits seit Ende der siebziger Jahre in einer dauerhaften Krise, aus der es unter marktwirtschaftlichen Bedingungen keinen Ausweg gibt. Auch der neue Plan der sozialistischen Regierung zögert das Ende dieser Industrie, die einst mehr als 40 000 feste Arbeitsplätze stellte, nur um einige Zeit hinaus.

Daran ändern auch kurzfristige Aufträge nichts. Schließlich produzieren südkoreanische Betriebe 20 Prozent billiger. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das spanische Verteidigungsministerium bald auch in Korea oder China einkauft. Bis dahin dürfte New Izar bereits verkauft sein, vielleicht sogar an eine südostasiatische Firma. Der spanische Arbeitsmarkt ist dann jedoch nach EU-Richtlinien völlig »flexibilisiert« worden. Und der einstige Widerstand der Werftarbeiter wird vergessen sein oder Legende.