Undeutsche Bank

Profit und Entlassungen von horst pankow

Wer kennt das nicht: Gerade aufgestanden, einen Blick durchs Fenster aufs graue deutsche Allerlei riskiert, dann, vielleicht beim Zähneputzen, schält sich langsam aus dem Murmeln der Kaffeemaschine und dem Dudeln des Radios die Stimme eines Nachrichtensprechers heraus. Der Wirtschaftsminister sei optimistisch, den Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte erwarten zu können. Ist das jetzt heute oder war das vor einem Jahr, vor zwei oder drei Jahren? Wie lange werden sie das noch durchziehen? Sollte man sich nicht lieber wieder hinlegen?

Doch manchmal findet man vor lauter Grübeln nicht in den Schlaf zurück. Etwa wenn der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, undeutscher Umtriebe geziehen wird. »Oh, wärst du doch in der Schweiz geblieben, du Unwertschöpfer!« schrie am Aschermittwoch im bayerischen Vilshofen der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Ludwig Stiegler, in die aus dem Häuschen geratende Menge. Gewiss hatten Redner und Zuhörer noch mit den alkoholbedingten Folgen des Karnevals zu kämpfen, weswegen niemand die Bewaffnung einer Friedenstruppe zwecks Verhinderung eines Völkermords anmahnte, als Stiegler von einer »Blutspur von 20 000 vernichteten Arbeitsplätzen« sprach, die den Karriereweg des »Schweizers Ackermann« ziere und diesen so des Jobozids überführte.

In Rage brachte die Genossen hingegen der Vorwurf des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck, bei der Deutschen Bank würden »Arbeitnehmer zu Kostenfaktoren mit Ohren« herabgewürdigt. Ja, mein Gott, fragt sich da der mürrische Spätaufsteher, wollten sie denn jemals etwas anderes sein als variables Kapital, Arbeitskraftbehälter, mithin kollektiver Arsch mit Ohren für die kapitalistische Verwertung?

Klar, dass an Schlaf nicht mehr zu denken ist, wenn Statements eintrudeln wie das des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber: »Wenn man Milliarden Gewinne macht und gleichzeitig verkündet, man stellt 6 000 Leute aus, dann ist das eine Geschmacklosigkeit, eine Unfähigkeit, dann ist das unakzeptabel«. Oder vom grünen Politkommissar Reinhard Bütikofer: »Ich sehe einen verantwortungslosen Chef der Deutschen Bank, der so tut, als könnte er nur von der Gesellschaft und von der Politik fordern, als müsse er nicht auch ein guter Staatsbürger sein.«

Merkwürdig. Immerhin hatte die Deutsche Bank unter Ackermann im Jahr 2004 den Marktwert ihrer Aktien im Vergleich zu 2002 um 25 Prozent steigern können. Und dies durch den staatsbürgerlichen Akt des Aufkaufens eigener Aktien im Wert von mehreren Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr realisierte sie einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro, fürs laufende Jahr verspricht man den Aktionären eine Gewinnsteigerung von 25 Prozent vor Steuern. Ist doch ein netter, kleiner Aufschwung, oder? Damit das so erfolgreich weitergeht, sollen 6 400 Stellen gestrichen werden, davon 2 300 im deutschen Vaterland.

Das ruft deutschen Antikapitalismus auf den Plan. Der hat nichts Grundsätzliches einzuwenden, denn Deutsche machen sich gern fürs Kapital nützlich, wollen dabei aber als Deutsche gewürdigt werden.

Die Konsequenzen ihrer ökonomischen Nutzlosigkeit erscheinen deutschen Arbeitskraftbehältern als undeutsche Machenschaften. Schuldige werden dann eilends gesucht und gefunden. So ertönt jetzt aus der hessischen SPD die Forderung nach einem Boykott der Deutschen Bank zugunsten von Sparkassen und offenbar bodenständig anmutenden Genossenschaftsbanken. Im Klartext: Deutsche wehrt euch! Spart nicht beim Schweizer!