Wink mit dem Pfahl

Ein Ausflug in die Fränkische Schweiz endete für einen Nürnberger mit einer Bewährungsstrafe. Er soll Rechtsextremisten attackiert haben. von florian schneider

Schön ist es in Krögelstein, einem idyllischen Felsendorf in der Fränkischen Schweiz. Was vielen Touristen verborgen bleibt, sind die traditionsbewussten Einwohner, deren Leben in der Landjugend beginnt und bei der Freiwilligen Feuerwehr endet, die sich selbst als »Madla« und »Buam« bezeichnen und am Wochenende »Kerwas« veranstalten.

Einige Feste in Krögelstein sich anders als andere. Wenn Familie Ringer auf ihr Grundstück einlädt, was im Sommer häufiger der Fall ist, müssen sich die Nachbarn manchmal die ganze Nacht lang Naziparolen wie »Heil Hitler« oder »Sieg Heil« anhören. Jüngere Partygäste klettern auch gern mal auf die über dem Ort gelegene Burg, um von dort aus das Dorf mit ihrem Gegröle zu beschallen. Bislang wurde dieses Treiben von den meisten ignoriert, lediglich eine Nachbarin beschwerte sich bei der Polizei über die nächtlichen Ruhestörungen – nicht aber über die Naziparolen. Aus Angst vor möglichen Racheakten, räumte sie später vor Gericht ein. Vor zwei Jahren soll der heute 26jährige Marco Ringer das behinderte Kind einer ehemaligen Nachbarin mit den Worten »Solche wie ihr gehören vergast« im Treppenhaus begrüßt haben.

Erst die Vorfälle im Juni vergangenen Jahres gaben den Betroffenen die Möglichkeit, sich öffentlich zu den Vorkommnissen zu äußern. Damals stieg in Krögelstein wieder eine Party, zu der sich 30 Leute eingefunden hatten. Wieder wurden Naziparolen zum Besten gegeben. Jedoch setzten an diesem Wochenende einige beherzte Menschen dem Treiben ein Ende, indem sie die Partygäste angriffen. Für die wenig später anrückende Polizei waren die Schuldigen schnell ausgemacht: eine Gruppe von Auswärtigen in einem Ferienhaus.

Reichlich verwundert müssen die Nürnberger nach dem Aufwachen geschaut haben, als ihr Haus morgens von einem enormen Polizeiaufgebot umstellt war. Nach langen Verhandlungen einigten sie sich mit der Polizei darauf, nach der Personalienfeststellung frei abziehen zu dürfen.

Die nachfolgenden Ermittlungen der Polizei, die zur Anklage eines Nürnbergers führten, verwunderten auch das Amtsgericht Bayreuth. Zur Vorlage der Fotos angeblicher Täter machte es sich der ermittelnde Staatsschutzbeamte zusammen mit Mutter Ringer und ihren beiden Söhnen Sascha und Marco auf deren Terrasse gemütlich. Dass dabei eine Absprache stattgefunden hatte, könne er nicht ausschließen, gab der Beamte vor Gericht freimütig zu. Sascha Ringer räumte sogar ein, der Polizist habe ihm gleich drei der Abgebildeten als mögliche Täter vorgeschlagen.

Dem Anwalt des Beschuldigten Sven Becker* zufolge begann der Skandal allerdings schon viel früher. Ein Dorfpolizist hat Becker aufgrund einer vagen Personenbeschreibung der Ringers, die mit seinem Äußeren nur wenig zu tun hat, als einzig möglichen Täter »identifiziert«. Im Juni 2004 vor Gericht waren sich die Zeugen einig, dass Becker sie mit einem Holzpfahl attackiert habe. Und das Gericht verhängte eine Geldstrafe wegen Körperverletzung in vier Fällen.

Der Staatsanwaltschaft, die den Tatbestand einer gefährlichen Körperverletzung gegeben sah, reichte dies aber nicht aus. Schließlich sei die Tat auch gemeinschaftlich begangen worden. Deshalb legte sie Berufung ein und forderte eine Strafe in Höhe von zwei Jahren und zwei Monaten Haft ohne Bewährung. Obwohl den Attackierten nur geringe Verletzungen bescheinigt wurden, sah das Bayreuther Landgericht keinen minder schweren Fall. Wegen der Naziparolen folgte es aber der Staatsanwaltschaft bei der Bemessung der Strafe nicht und verhängte kürzlich gegen den Nürnberger eine Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

*Name von der Redaktion geändert