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Mut zur Lohnlücke

Niedriglöhne. Europa wachse zwar nicht wirklich, aber viele »Völker und Staaten« kämen endlich in die »europäische Familie« zurück, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Vortag der Erweiterung der Europäischen Union. Und angesichts so vieler wieder gefundener verlorener Söhne ist ihm wohl Hören und Sehen vergangen. Auf einmal übte er sich in Bescheidenheit: »Die Zukunft unseres Landes kann nicht darin liegen, in eine gnadenlose Konkurrenz um niedrige Löhne und Steuersätze einzutreten. Wir würden diesen Wettbewerb verlieren«, heißt es in seiner Regierungserklärung vom 30. April.

Da möchte man ihm doch zurufen: Fasse Mut, Kanzler! Der Wettbewerb um Niedriglöhne kann gewonnen werden! Auch wenn du die Bild-Zeitung nicht magst, hat sie die Beweise, und zwar von deinem Wirtschaftsministerium! Das Blatt berichtete in der vorigen Woche, dass bereits in 670 Berufen Niedriglöhne von weniger als sechs Euro pro Stunde gezahlt würden. 4,74 Euro Stundenlohn für einen schleswig-holsteinischen Wachmann in der Nachtschicht, 3,18 Euro für eine Friseurin in Thüringen und 2,74 Euro für einen kaufmännischen Angestellten im Gartenbau in Sachsen – und das alles noch nicht mal untertariflich. Das sind doch wunderbare Aussichten für die deutsche Wirtschaft. Gerhard, wir müssen uns vor niemandem verstecken!

Expedition nach Hamburg

Linke Gewalt. Links ist, wo der Antiimp zuschlägt. Das mussten Demonstranten aus dem Umfeld der antideutschen Zeitschrift Bahamas am vorletzten Samstag in Hamburg erleben. »Flagge zeigen – Für Israel – Gegen Old Europe«, war das Motto ihrer bizarren Demonstration durch das Hamburger Schanzenviertel. Die Strafexpedition richtete sich gegen eine »Großstadt-Kiezgemeinschaft, die als hanseatische Volxküche unter Beweis stellt, dass deutsches linkes Blut allemal dicker ist als kritische Einsichten und die ihnen geschuldete bedingungslose Solidarität mit Israel«, hieß es in einem Aufruf der Bahamas. Vorausgegangen war eine gewalttätige Auseinandersetzung auf einer Antifa-Demonstration am 31. Januar in Hamburg, bei der es zu einer Schlägerei wegen der israelischen Fahne gekommen war. (Jungle World, 8/04)

Bei der neuerlichen Auseinandersetzung riefen einige Gegner der Antideutschen Parolen wie: »Tod dem Staat Israel! USA – Israel – internationale Völkermordzentrale! Bambule, Bambule!« Die Freunde der Bahamas wurden mit brauner Lackfarbe beworfen und mussten von der Polizei geschützt werden.

Die Guerilla fliegt auf

Gewerkschaften. Eine geplante Anschlagsserie des bewaffneten Arms der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Guerilla-Gruppe connex.av, ist durch Spitzel in den eigenen Reihen aufgeflogen. Die Gruppe hatte eine Serie von Attentaten auf die Internetklitsche Ebay geplant, um auf die miserablen Arbeitsbedingungen dort hinzuweisen.

Da die Verdi-Sympathisanten nur über angestaubte Propagandakonzepte der achtziger Jahre verfügten, entschlossen sie sich zur Zusammenarbeit mit der Agentur für Kommunikationsguerilla, Q-Mindware. Auf der angeblich von frustrierten Ebay-Mitarbeitern ins Leben gerufenen Homepage epay.tv wurde die Stimmung gegen Ebay angeheizt. Mit »Hacktivism« und »Hate Campaigning« wollte man neue Mitstreiter aus der Medienbranche gewinnen.

Doch beim Partner Q-Mindware brach ein Streit wegen unterschiedlicher strategischer Vorstellungen aus. Zudem wurden bei einem Einbruch in deren Kommandozentrale am 21. April zwei Laptops mit wichtigem Datenmaterial gestohlen. Darauf ist vermutlich die undichte Stelle in der konspirativen Struktur zurückzuführen, aus der Informationen zur Zeitschrift Focus flossen. Und so flog die ganze Sache auf.

Her mit der Hängematte!

Bekennerschreiben I. Vor dem 1. Mai verübten Unbekannte mehrere Anschläge auf Arbeitsämter in Berlin und auf die Berliner SPD-Zentrale. Sie warfen Fensterscheiben mehrerer Arbeitsämter, des Kurt-Schumacher-Hauses und auch eines Büros der PDS im Stadtteil Wedding ein. In einem Bekennerschreiben forderten die »Weddinger Nachtaktivisten« u.a. »Hängematten statt Ausbeutung und Arbeitszwang«.

Auf dem Parkplatz des Arbeitsamtes im Stadtteil Prenzlauer Berg zündeten Unbekannte zudem einen Lastwagen an, im Arbeitsamt Berlin-Lichtenberg wurden mehrere Scheiben mit Steinen eingeworfen. Im Arbeitsamt Berlin-Tempelhof wurden hingegen Brandsätze auf einer Besuchertoilette gezündet. In einem weiteren Bekennerschreiben wurde diese Aktion als Versuch bewertet, »dem fortschreitenden Abbau sozialer Rechte, Einschnitten und Minderungen in allen Bereichen des Lebens etwas entgegenzusetzen«.

Weg mit dem Ehrenmal!

Bekennerschreiben II. Das hätte man der Jungen Union Rhein-Lahn nicht zugetraut. In einem Schreiben, das bei der Jungle World einging, erklärt sie, das SS-Ehrenmal auf dem Friedhof in Marienfels entfernt zu haben. »Das Denkmal wurde dabei für eine weitere Nutzung unbrauchbar gemacht und zur Entsorgung bereitgestellt«, heißt es in dem Schreiben, das eigenartigerweise nicht den Briefkopf der Jungen Union trägt. »Die skandalöse Errichtung eines Ehrenmals für die 8. Kompanie der Leibstandarte der SS ›Adolf Hitler‹ durch den Kameradschaftsverband der ehemaligen Waffen-SS wurde erst durch die Verpachtung von einem Stück Land auf dem Friedhof möglich. Dies verurteilen wir heute und fordern die Ortsvorsteher auf, sich öffentlich dafür zu entschuldigen.« Außerdem beklagt die Junge Union Rhein-Lahn in dem Schreiben die »antisemitische Rede Martin Hohmanns« und erklärt ihre Solidarität mit allen, die sich »gegen Antisemitismus und deutschen Größenwahn« einsetzen. Die Junge Union? Kann das sein? Seltsam, aber so steht es geschrieben.