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Herr Berger rät

Beraterverträge. Nun ist alles klar: Der rot-grünen Bundesregierung hatten Beraterfirmen wie Roland Berger und McKinsey einst geraten, eine Hartz-Kommission einzusetzen, die von Beraterfirmen wie Roland Berger und McKinsey zu beraten sei. Die wiederum rieten der Hartz-Kommission, die Bundesanstalt für Arbeit zu reformieren und sich dabei von Beraterfirmen wie Roland Berger und McKinsey beraten zu lassen. Und so weiter und so fort.

Nach einem Bericht des Spiegel hat die Bundesregierung in den Jahren 1999 bis 2003 etwa 1,4 Milliarden Euro für 2 721 Beraterverträge ausgegeben. Das hätten Berechnungen des CDU-Haushaltsexperten Dietrich Austermann ergeben. Sich darüber zu empören, wäre allerdings töricht. Zwar verdienen die Herren und Damen Berater nicht gerade wenig – konkret nennt Tagessätze von 2 500 bis 3 200 Euro bei Berger-Beratern –, aber schließlich sichern sie sich durch schlaue Beratung nicht nur ihre Zukunft, sondern auch ihren Lohn. Denn der wird ja demnächst bei den Faulenzern und Drückebergern wieder eingetrieben.

Bunter werden!

Aktion. »Mit Farbe verschönert« wurde in der Nacht vom 1. zum 2. April die Fassade von Hochtief Projektentwicklung in der Pfalzburger Straße. In einem anonymen Schreiben, das der Jungle World vorliegt, wird die Farbattacke mit den Investitionstätigkeiten des Unternehmens für den »Spree Port« begründet. »Das hat konkrete Konsequenzen für linke, selbstverwaltete Projekte und für alle Menschen, die nicht in die neue finanz- und kaufkräftige neue Welt passen«, heißt es weiter in dem Brief. »Wir stellen diese symbolische Aktion an den Anfang der Autoorganisationswoche in Berlin und in den Zusammenhang der Maisteine und wünschen uns massenhaft NachahmerInnen. Seid fies, gemein und unberechenbar! Media Spree versenken! Selbstverwaltete Strukturen verteidigen!«

Ohne Geschmack I

Khomeini in Berlin. Im Rahmen der Ausstellung »Entfernte Nähe« im Haus der Kulturen der Welt zeigte das Kollektiv Shahrzad die Nachbildung einer Vitrine, wie sie »in der Wohnung von Ayatollah Khomeini im Khomeini Museum in Teheran steht«. Darin seien angeblich seine wenigen persönlichen Habseligkeiten ausgestellt. »Ikonen« sollten »durch einfache und unerwartete Eingriffe in ungewohnte Zusammenhänge« in neuem Licht erscheinen. »Indem die Reliquien lediglich von einem Museum ins andere, von einer staatlichen Kulturinstitution in die andere »bewegt« werden, entsteht eine radikale Bedeutungsverschiebung«, schreiben die Künstler. Die Reproduktion der Parfümtasche, des Spazierstocks, des Gewandes und des Korans solle Fragen provozieren.

Mit Fragen, aber vor allem mit Kritik meldeten sich der iranische Schriftstellerverband im Exil und der Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin zu Wort. Während der Schriftstellerverband an die Fatwa Khomeinis gegen den Schriftsteller Salman Rushdie und an seinen Befehl zum Massenmord an Tausenden von Oppositionellen erinnert, fragte der Verein iranischer Flüchtlinge: »Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie in Teheran in einer Ausstellung über deutsche Kunst mit Hinterlassenschaften der Nazidiktatur konfrontiert würden?« Beide Vereine haben das Haus der Kulturen darum gebeten, jene die Diktatur verherrlichenden Bilder Khomeinis aus der Ausstellung zu entfernen. Dort ist man jedoch der festen Überzeugung, dass diese Kunst die »Ikone Khomeini« ironisiere.

Ohne Geschmack II

Sondermarke Kiesinger. Vor 100 Jahren erblickte Kurt Georg Kiesinger das Licht der Welt. In den Orten Ebingen und Bubsheim, wo er geboren wurde beziehungsweise seine Kindheit verbrachte, ist das ein Anlass zu feiern. Damit nicht genug. In Berlin würdigte die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung den 1988 verstorbenen ehemaligen Bundeskanzler, baden-württembergischen Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden der CDU mit einem Festakt.

Wer im Gegensatz zur Konrad-Adenauer-Stiftung auch Kiesingers zwölfjährige Mitgliedschaft in der NSDAP zu den wichtigsten Abschnitten seiner politischen Biographie zählt, könnte sich zu kritischen Äußerungen hinreißen lassen. Zieht man allerdings in Betracht, dass zu seinen Ehren außerdem noch ein Sonderpostwertzeichen erscheint, »bleibt manchem die dafür benötigte Spucke weg«. So beschreibt es die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in einer Pressemitteilung vom 1. April.

Bierkulturverfall

Getränkeverbrauch. Die Kultur verfällt in diesem Land. Im vergangenen Jahr haben die Deutschen erstmals mehr Wasser als Bier getrunken. Der Focus berichtete, die Bundesbürger hätten 129 Liter Mineralwasser, aber lediglich 117,5 Liter Bier zu sich genommen. Nur hartnäckige Optimisten können diese Hiobsbotschaft mit dem heißen Sommer begründen oder als Krisensymptom verharmlosen. Schließlich sinkt der Bierverbrauch schon seit Jahren.

Der Verband Deutscher Mineralbrunnen sprach frohlockend von einem »Imagewandel«: »Früher galt Wasser als Verzichtsgetränk und billiger Durstlöscher, heute ist es ›in‹, ein Mineralwasser zu bestellen«, erklärte ein Mitarbeiter des Verbands. Wasser etabliere sich als »Wellness-Getränk«. Und genau so ein neumodischer Schnickschnack wie »Wellness« ist das Mineralwasser, verglichen mit dem Kulturgetränk Bier. Der Mediziner Friedrich Adolph Struve soll 1821, also quasi erst gestern, in Dresden die erste Trinkkuranstalt eröffnet haben, in der naturidentisches Mineralwasser ausgeschenkt wurde. Über die Erfindung des Biers gibt es zwar diverse Theorien – so schreiben sie manche der sumerischen Fruchtbarkeitsgöttin Nin-Harra zu, andere dem ägyptischen Geschwisterpaar Isis und Osiris –, ganz sicher aber ist das Bier verdammt alt. Wie das Rad gehört es zu den Erfindungen, die unsere Zivilisation erst möglich gemacht haben.