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Mit Dixi-Klo und Peitsche

G 8-Gipfel. Um den beschaulichen Kurort Evian vor ungebetenen Gästen zu schützen, hat die französische Regierung vergangene Woche das Schengener Abkommen außer Kraft gesetzt und bis zum Ende des G 8-Gipfels die Grenzkontrollen wieder eingeführt. Zudem sollen rund 11 000 Soldaten und etwa hundert Armeeflugzeuge sowie Kampfhubschrauber das Treffen schützen. In der Schweiz ist der Einsatz von etwa 6 600 Soldaten vorgesehen, rund 1 000 deutsche Polizisten sollen außerdem ihre Schweizer Kollegen unterstützen.

Trotz des enormen Sicherheitsaufgebots will der französische Staatspräsident Jacques Chirac den Gipfel dafür nutzen, um auf die Globalisierungskritiker zuzugehen. Von Evian müsse das Signal für einen Konjunkturaufschwung und zugleich einer »verantwortlichen Marktwirtschaft« in einer »einigen und solidarischen Welt« ausgehen, erklärte er am Mittwoch der vergangenen Woche in Paris. Als Zeichen des guten Willens stellt die Stadt Genf den Demonstranten schon mal zwei Stadien und zahlreiche Toilettenhäuschen zur Verfügung.

Schneller als das Leben

Italien. Luigi Pintor ist tot. Der 1925 geborene Mitgründer der italienischen Tageszeitung Il Manifesto starb am 17. Mai in Rom. Als Partisan knapp der Hinrichtung entkommen, trat Pintor 1943 der illegalen Kommunistischen Partei bei. In der Nachkriegszeit stieg er bis ins Zentralkomitee auf, wurde stellvertretender Direktor des Parteiorgans Unita und 1968 Parlamentsabgeordneter. 1969 wurde er zusammen mit Rossana Rossanda und anderen aus der Partei ausgeschlossen. Kurz zuvor war Il Manifesto gegründet worden, zunächst als Monatsschrift, dann ab 1971 als Tageszeitung. Sie sollte aus traditionellen Kommunisten, revoltierenden Arbeitern und Studenten eine neue politische Kraft bilden und diesen Prozess kritisch begleiten. Praktisch-politisch scheiterte die Manifesto-Gruppe bereits Anfang der siebziger Jahre. Die Zeitung jedoch überlebte und ist heute so unabhängig wie zu ihrer Gründung. In seinem letzten Beitrag schrieb Luigi Pintor am 24. April 2003: »Die italienische Linke, die wir kannten, ist tot. Sie ist keine Opposition, keine Alternative, gar nichts. Sie hat den tiefsten Grad der Bedeutungslosigkeit und Unterwürfigkeit erreicht, nicht nur, was die tagespolitische Auseinandersetzung angeht. Sie hat sich auf nationaler wie auf internationaler Ebene den Standpunkt und die Mentalität der Rechten völlig zu Eigen gemacht. (…) In unserem Mikrokosmos haben wir uns ›Genossen‹ genannt, spontan und selbstverständlich, aber eben in einem eifersüchtig abgeschotteten Zirkel. Heute sind alle Grenzen gefallen. Wir müssen das Leben neu erfinden in einer Epoche, die es uns mit nie gesehener Radikalität streitig machen will.«

Viele Heiden

Tschechien. Vorurteile aus der Zeit der »kommunistischen Gehirnwäsche« bescheinigte der Sprecher der tschechischen Bischofskonferenz, Daniel Herman, vergangene Woche den Abgeordneten des tschechischen Parlaments. Mit großer Mehrheit hatten die Parlamentarier nämlich den Staatsvertrag zwischen dem Vatikan und der Republik abgelehnt. Tschechien ist damit das letzte Land im ehemaligen Ostblock, in dem der offizielle Status der katholischen Kirche nicht geregelt ist. In dem Vertrag sollte die Tätigkeit der Kirche im Schul- und Gesundheitswesen, im Sozialbereich und der Armee beschrieben werden. Nicht nur die Kommunisten stimmten dagegen, auch die Mehrheit der Bürgerdemokraten und viele Sozialdemokraten. Eine Entscheidung im Sinne der Bevölkerung: Tschechien ist eines der am stärksten säkularisierten Länder. Nach offiziellen Angaben gehören zwei Drittel der Bevölkerung keiner Konfession an. Die katholische Kirche ist allerdings die größte Religionsgemeinschaft.

Rechnen und Plündern

Eurostat. »Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast«, lautet ein Spruch, den allenfalls Mathematiklehrer noch für witzig halten. Dass er trotzdem zutrifft, bewies vergangene Woche einmal mehr die europäische Statistikbehörde Eurostat. Die französische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf schwarze Kassen und spricht von einer »weit verzweigten Unternehmung zur Plünderung von EU-Geldern«. Mindestens 900 000 Euro sollen an der Buchführung vorbei in die Taschen von Mitarbeitern geschleust worden sein. Außerdem soll Eurostat ohne Ausschreibungen Aufträge an bestimmte Unternehmen vergeben haben, die wiederum für dieselben Leistungen mehrfach kassierten. Die Vorwürfe richten sich unter anderem gegen die Luxemburger Firma Eurocost, zu deren Mitgründern der Präsident der EU-Statistikbehörde, Yves Franchet, gehört. Dies könnte erst der Auftakt eines weitreichenden Skandals sein. Schließlich liefert die Behörde auch die Zahlen, die die Grundlage für die Berechnung von Haushaltsdefiziten oder die Vergabe von milliardenschweren Regionalfonds der EU bilden.

Zugleich begann die EU-Kommission offiziell mit der Überprüfung des deutschen Staatshaushalts. Wenn das deutsche Defizit durch die Überweisung von ein paar Euro an die Luxemburger Behörde unter der Dreiprozentmarke bleibt und so Kürzungen bei der Sozialhilfe eingespart werden können, soll uns die Affäre recht sein.

Null Wachstum

Euro-Land. Von Eurostat stammen auch diese Zahlen: Im ersten Quartal hat das reale Bruttoinlandsprodukt (Bip) sowohl in der Euro-Zone als auch in der gesamten EU stagniert – das schlechteste Ergebnis seit dem vierten Quartal 2001, als die Euro-Zone einen Rückgang um 0,2 Prozent verzeichnete. Für das Berichtsquartal melden drei Staaten gegenüber der Vorperiode einen Rückgang, nämlich Deutschland (- 0,2), Italien (- 0,1) und die Niederlande (- 0,3). Für einige Staaten liegen noch keine Daten vor. Im nächsten Quartal soll’s aufwärts gehen. Sagt Eurostat.