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Die Familie streitet nicht mehr

Irak. War was? Wieder einmal traten sie zusammen auf, der deutsche, der französische und der russische Außenminister. Wieder ging es um den Irak und die USA. Wieder klangen ihre Sätze so eigenartig gequält. Sie hätten »den Weg der Einheit der internationalen Gemeinschaft und der Verantwortung gewählt«, erklärten Joschka Fischer, Dominique de Villepin und Igor Iwanow. Und doch war diesmal alles anders. Eine »hervorragende, unverzichtbare Rolle der USA in der transatlantischen Familie« machte Fischer plötzlich aus, als Mitte der vergangenen Woche der UN-Sicherheitsrat einer Resolution der USA zum Wiederaufbau des Irak mit überwältigender Mehrheit zustimmte.

Somit erkennt die Uno zwei Monate nach dem Beginn des Irakkrieges die USA und Großbritannien auf unbestimmte Zeit als höchste Autorität im Irak an. Ihr obliegen künftig alle maßgeblichen Entscheidungen beim Wiederaufbau, bei der Regierungsbildung und bei der Verwaltung der Einnahmen aus dem Ölverkauf. Nur wenige Stunden nach der Entscheidung des Sicherheitsrates lösten die USA die irakische Armee sowie andere Sicherheitsorgane des Landes auf.

Da auch die Wirtschaftssanktionen gegen den Irak mit sofortiger Wirkung aufgehoben wurden, kann nun das mehrere Milliarden Dollar umfassende Wiederaufbauprogramm der USA beginnen. Und schon melden sich auch wieder deutsche Firmen zu Wort. So teilte der Deutsche Industrie- und Handelstag am vergangenen Freitag mit, man erwarte nun Aufträge aus dem Irak für deutsche Firmen. War was?

Die Familie plant wieder

Kongo. Der angebliche Waffenstillstand zwischen Milizengruppen in der kongolesischen Region Ituri gilt nicht für die dortige Bevölkerung. Dies belegen die neuerliche Entdeckung eines Massengrabes mit 32 getöteten Zivilisten und Meldungen über Angriffe auf Pygmäen am vergangenen Freitag.

Da die 700 stationierten Blauhelmsoldaten den Konflikt bisher nur dokumentieren, aber nicht schlichten, könnte die internationale Friedenstruppe bald von rubusten Uno-Einheiten abgelöst werden. Die belgische Regierung sagte bereits den Einsatz von Transportflugzeugen für ein militärisches Eingreifen in der ehemaligen Kolonie zu. Frankreich operiert bereits jetzt auf Wunsch des UN-Generalsekretärs Kofi Annan mit einer Aufklärungseinheit auf kongolesischem Terrain, obwohl offiziell noch keine Entscheidung über die Entsendung von Soldaten getroffen wurde. Und der britische Premierminister Tony Blair versicherte in der letzten Woche: »Wir werden neben unseren anderen Verpflichtungen alle Unterstützung gewähren, die wir geben können.«

Da mag auch Deutschland nicht zurückstehen. Es sei eine »deutsche Verpflichtung«, einen solchen Einsatz zumindest finanziell zu unterstützen, sagte die Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Ob demnächst Bundeswehreinheiten in den Kongo entsandt werden, ist indes noch nicht entschieden. Für einen militärischen Einsatz spricht sich aber schon jetzt die die FAZ aus. Die Bundesregierung müsse handeln, auch wenn »es nicht um klassische (nationale) Interessen geht«, sondern um »Leib und Leben fremder Menschen«.

Schöne Überraschung

Palästinensische Gebiete. Überraschendes berichtet die israelische Tageszeitung Jerusalem Post aus den palästinensischen Gebieten. So sollen 600 Palästinenser am Dienstag der vergangenen Woche im nördlichen Teil des Gazastreifens gegen die Hamas und den Abschuss von Raketen des Typs Kassam aus dem Ort Beit Hanoun auf israelische Ziele demonstriert haben. Ähnliches wurde aus dem südlichen Teil des Gazastreifens berichtet, wo in Khan Yunis und Rafah Einwohner an die Palästinensische Autonomiebehörde appellierten, der Gewalt der Hamas ein Ende zu setzen. In dem Artikel heißt es weiter, dass sich in einigen Dörfern und Kleinstädten die Einwohner sogar organisierten, um Mitglieder der Hamas am Eindringen in die Wohngegenden zu hindern. In diesen Tagen will die Führung der Autonomiebehörde mit der Hamas über ein Ende der Anschläge auf Israelis verhandeln.

Noch eine Überraschung

Argentinien. Der scheidende argentinische Präsident Eduardo Duhalde begnadigte in der vergangenen Woche mehr als 20 zu lebenslanger Haft verurteilte rechte Putschisten und linke Guerilleros sowie den katholischen Priester Antonio Puigjane. Dieser hatte im Jahr 1989 den ebenfalls amnestierten Rebellenführer Enrique Gorriarán Merlo bei einem Angriff auf eine Militärkaserne unterstützt.

Mit seiner letzten Amtshandlung will Duhalde, wie er sagt, eine »für den Frieden notwendige Versöhnung zwischen den Argentiniern« ermöglichen. Wie die Freigelassenen diesen Großmut würdigen werden, bleibt fraglich. Das beste Beispiel ist der bereits zum zweiten Mal amnestierte Mohamed Alí Seineldín. Der rechtsextreme Putschist nutzte seine erste Begnadigung im Jahr 1989, um erneut einen Aufstand zu proben. Selbst im Gefängnis kündigte er immer wieder einen Staatsstreich an.

Kratom gegen Yaba

Thailand. Mit fast drei Millionen Gewohnheitskonsumenten des Amphetamins Yaba hat Thailand die höchste Zahl an Speed-Süchtigen in der Welt. Nachdem die Erschießung von 2 274 mutmaßlichen Dealern im Januar dieses Jahres nicht zum erhofften Rückgang an Abhängigen führte, denkt die Regierung jetzt darüber nach, die seit 60 Jahren verbotene »Volksdroge« Kratom wieder zu legalisieren. Somit soll vor allem die Speed-Entwöhnung außerhalb der staatlichen Entzugseinrichtungen erleichtert werden. Dass diese Tropenpflanze bei längerem Gebrauch ebenso abhängig macht, wird als kleineres Übel in Kauf genommen.