Populäre Populisten

Niederländische Parlamentswahlen

Ebenso spektakulär wie der Aufstieg der Liste Pim Fortuyn (LPF) im Mai des vergangenen Jahres in den Niederlanden war ihr Fall bei den Parlamentswahlen der vergangenen Woche. Die Liste wurde für das von ihr verursachte Chaos bestraft und verlor zwei Drittel ihrer Sitze. Ihre Themen und Vorschläge, allen voran die migrations- und integrationspolitischen, bleiben jedoch erhalten.

Dafür sorgt Jan Peter Balkenende, der alte und wohl auch neue Ministerpräsident der Niederlande, der mit dem Ausgang der Wahl trotzdem unzufrieden ist. Seine Christdemokratische Partei (CDA) blieb zwar die stärkste Kraft im Parlament. Balkenendes Wunsch, mit den Rechtsliberalen koalieren zu können, haben die WählerInnen jedoch nicht erfüllt. Die Sozialdemokraten (PvdA), die nur knapp hinter den Christdemokraten blieben, bekamen die Stimmen, die die Rechtsliberalen so dringend benötigt hätten.

Die Initiative liegt nun bei Balkenende, der entscheiden muss, ob er mit den Sozialdemokraten regieren möchte, die bereits ihr Interesse zeigten. Er bevorzugt aber weiterhin eine Koalition mit den Rechtsliberalen und eventuell der Liste Pim Fortuyn. Obwohl eine Regierung mit der PvdA auf eine stabile Mehrheit bauen könnte, lehnt Balkenende sie noch ab. Denn er befindet sich in einer zwiespältigen Situation. Die Sozialdemokraten sehen ihn als zukünftigen Partner, er selbst sieht sie als größte Gegner.

Die Gegensätze zwischen seiner Partei und den Sozialdemokraten, die Balkenende betont, könnten sich jedoch als minimal erweisen. Denn ob die Christdemokraten nun mit der PvdA oder mit den Liberalen regieren werden, ist zumindest bei dem Thema, das im Wahlkampf eine zentrale Rolle spielte, nur von nebensächlicher Bedeutung.

So würde auch eine Mitte-Links-Koalition alle MigrantInnen, die illegal in den Niederlanden leben, abschieben. Nur anerkannte Flüchtlinge dürften bleiben oder einreisen. Von ihnen wird gefordert, die Landessprache zu lernen, niederländische »Werte und Normen« sowie das Grundgesetz zu akzeptieren und nachzuleben. Wobei sie das Grundrecht auf die freie Wahl des Wohnortes schnell wieder vergessen sollten, denn das würde ihnen nicht zugestanden. Beide Parteien verlangen von den MigrantInnen, dass sie sich geflissentlich über das ganze Land verteilen.

Allenfalls die Realisierung erfordert noch Gespräche. Während die Sozialdemokraten lieber Absprachen mit den Flüchtlingen treffen möchten, fordern die Christdemokraten Sanktionen. Wer sich nicht in gewünschter Weise integriert, wird ausgewiesen.

Die Rechtspopulisten können sich darüber freuen, dass trotz der Wahlniederlage ihre Forderungen gesiegt haben. Wer meint, die Niederländer hätten sich im Mai mit der Wahl der Liste Pim Fortuyns selbst bestraft, muss erkennen, dass auch ohne die Liste eine rechtspopulistische Politik gemacht werden kann.

udo van lengen