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Szene ohne Skinheads

Rechtsextremismus. Eine »Szene gibt es immer«, sagte der Oberstaatsanwalt Reinhard Rolfes der Jungle World, aber »eine Skinheadszene gibt es nicht in Hagen«. Das ist schwer zu begreifen. Unfassbar dagegen ist, was einer 40jährigen Frau in der nordrhein-westfälischen Stadt widerfuhr.

Wie die Polizei am Montag der vergangenen Woche mitteilte, lauerte eine Gruppe von Skinheads der Frau im Hof ihres Wohnhauses auf. Die Täter stülpten ihr einen Sack über den Kopf und brachten sie an einen unbekannten Ort. Dort wurde sie von den Vermummten vergewaltigt. Nach der Tat warfen sie die Frau in der Nähe ihrer Wohnung aus dem Auto.

Die Frau gab an, einen der Täter an der Stimme als einen von fünf Skinheads erkannt zu haben, mit denen sie am Tag zuvor aneinander geraten war. Sie hatten auf einem Parkplatz einen Jugendlichen bedroht. Die Frau half dem Angegriffenen, und schon bei dieser Gelgenheit sei es zu sexuellen Drohungen gekommen. Ihr Gesundheitszustand sei inzwischen »stabil«, sagte Rolfes. Die Polizei befinde sich auf der Suche nach der Tätergruppe.

Gangsta’s Paradise

Kriminalität. Die Zahl der Verbrechen im Bundesland Hessen ist im vergangenen Jahr erstmals seit 1994 gestiegen. Die 431 007 registrierten Straftaten entsprächen einem Zuwachs von 5,3 Prozent. Gleichzeitig sei die Aufklärungsquote auf 47,5 Prozent gesunken, teilte die SPD am Mittwoch der vergangenen Woche in Wiesbaden mit. Das hessische Innenministerium musste einräumen, dass die Zahlen stimmen, sie seien jedoch nicht mehr als »Rohdaten«, die noch ausgewertet werden müssten. Und das könne frühestens bis Mitte Februar geschehen, also etwa zwei Wochen nach der Landtagswahl.

Jetzt wirft die SPD der regierenden CDU »Wahlbetrug noch vor der Wahl« vor, weil sie die Zahlen bis nach der Landtagswahl habe verschweigen wollen. Die CDU konterte mit dem Vorworf »dunkler Machenschaften«. Der Spitzenkandidat der SPD, Gerhard Bökel, solle klären, wie die geheime Statistik in die Hände der Sozialdemokraten gelangen konnte. So oder so scheint ein weiteres Verbrechen stattgefunden zu haben, das allerdings erst in der Statistik des Jahres 2003 berücksichtigt werden kann.

Verfolgter Gottesmann

Kirchenasyl. Die zwei Vietnamesen konnten sie nicht finden, jetzt geht es dem Pfarrer an den Kragen. Die Staatsanwaltschaft im brandenburgischen Neuruppin ermittelt gegen Johannes Kölbel, der zwei von der Abschiebung bedrohten Vietnamesen Kirchenasyl gewährte. (Jungle World, 5/03) Sie wirft ihm einen Verstoß gegen das Ausländergesetz vor. Demnach droht Personen, die Ausreisepflichtigen Unterschlupf gewähren, eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

Die Ermittlungen wurden aufgenommen, nachdem ein Landtagsabgeordneter der DVU eine Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt habe, teilte der leitende Oberstaatsanwalt, Gerhard Schnittcher, am Montag der vorigen Woche mit.

Krank arbeiten

Krankmeldungen. Jüngere Männer in Westdeutschland sind sich ihrer Jobs am sichersten und können sich in Ruhe auskurieren, wenn sie krank sind. Oder zumindest wesentlich gründlicher als Ältere, als Frauen und als Lohnabhängige in Ostdeutschland. Das ergab eine Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung Healthcare, von der die Welt am Sonntag berichtete. 78 Prozent der älteren ArbeiterInnen und Angestellten verzichteten völlig auf eine Krankschreibung, wenn sie erkältet sind. Unter den bis 29jährigen ist es nur jeder Dritte.

Maul halten, sonst Korb!

Kontrolle. Das Familienministerium lässt sich nicht lumpen, wenn es darum geht, Leuten, die sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus einsetzen, das Leben schwer zu machen. Nach einem Bericht der Berliner Zeitung verpflichtet das Ministerium die Initiativen, die am so genannten Civitas-Programm beteiligt sind, mit dem der Rechtsextremismus in Ostdeutschland bekämpft und die Zivilcourage gestärkt werden soll, zur Veröffentlichung bestimmte Druckerzeugnisse zur Zustimmung vorzulegen.

In dem Zuwendungsbescheid, den u.a. die Berliner Opferberatungsstelle Reach Out erhielt, heißt es: »Im Rahmen der Zuwendung gewonnene Erkenntnisse bedürfen zu ihrer Veröffentlichung der vorherigen Zustimmung des Bundesministeriums für Familie, Jugend und Frauen.« Sabine Seyb von Reach Out spricht von einem »Maulkorb«.

Wie die Berliner Zeitung weiter berichtet, soll bereits mehrfach gegen Äußerungen von Projekten vorgegangen worden sein. So habe man in einem Plakat einen groben Verstoß gegen die Richtlinien von Civitas gesehen. Auf dem Plakat war zu lesen: »Asylsuchende in Thüringen – Das kalte Herz Deutschlands«.