Fuckparade wieder verboten

Techno unplugged

Rebellisch zu sein, ist gar nicht so einfach, wenn es das System nicht zulässt. Wie schon im letzten Jahr ließ Joachim Hass, der Leiter der Versammlungsbehörde Berlin, auf die Anmeldung der Fuckparade einen Ablehnungsbescheid folgen. »Party for your right to fight! - Fight for your right to party!«, so wird seit zwei Wochen als Ersatz eine »Demo im '68er Style« angekündigt. Gemeint ist kein Revolutionsversuch, sondern eine Demonstration für die freie Wahl der Mittel einer Demonstration. Zum wiederholten Mal demonstrieren Menschen in Berlin, anstatt ihre Meinung frei zu äußern, für freie Meinungsäußerung.

Die Fuckparade wird seit ihrem Bestehen oft als dreckige Version der Love Parade wahrgenommen. Deren Veranstaltern um Dr. Motte warf der Frankfurter Martin Kliehm alias Trauma XP vor, dass sie keine politischen Inhalte, sondern ein Image transportierten. Als Reaktion darauf, dass er selbst keinen Truck mehr zur Verfügung gestellt bekam, erfand der DJ 1997 die Hateparade, die spätere Fuckparade. Fortan versuchte man, dem großen Original ein schlechtes Gewissen zu machen, belächelte es als zu lasch. Und der abgeneigte Anwohner im Osten Berlins konnte vor allem glatzköpfige Gabbers, die um Lastwagen zappelten, bestaunen.

Den Organisatoren der Fuckparade ging es nie um Friede, Freude oder Eierkuchen, sondern, schon konkreter in ihren Vorstellungen von einer wahrhaft befreiten Gesellschaft, um den Erhalt temporärer kultureller Projekte, auch Clubs genannt. Kein Wunder, wurde doch in Berlins neuer Mitte in den letzten Jahren auf Druck der Behörden eine illegale, halblegale oder legale Szeneinstitution nach der anderen geschlossen. Der Protest richtet sich aber auch gegen den Hauptstadtwahn, die Ausgrenzung und Kriminalisierung von Minderheiten und die Privatisierung des öffentlichen Raumes. Dagegen will man, getreu dem Motto »Nehmt ihr uns unseren Lärm, stören wir eure Ruhe!«, vor allem mittels lauter Musik protestieren.

Gerade deswegen aber wollen die Gerichte die Demonstration nicht als vom Versammlungsrecht geschützte Veranstaltung anerkennen. Wie im Vorjahr muss die Tanzdemo mit mittelalterlichen, nicht elektrisch verstärkten Instrumenten auskommen. Im letzten Jahr wurde von der Berliner Polizei jedes noch so bescheidene Abspielgerät beschlagnahmt. Dennoch wird es vermutlich vielen Teilnehmern des diesjährigen Lärmumzugs nicht allzu schwer fallen, sich mit Transparenten, Trillerpfeifen und Trommeln zu begnügen. Schließlich dürften auch die zur Fuckparade angereisten Hardcoretechnofans am kommenden Wochenende weniger die politischen Parolen als die im Anschluss stattfindenden Partys mit Sympathieträgern wie Eiterherd und den Zombieflesheaters bewegen.

Das war's aber auch schon zu den Gemeinsamkeiten mit der Love Parade, an der man sich im Übrigen auch nicht weiter abarbeiten will: »Wir haben die Love Parade reformiert, weiteres Love-Parade-Bashing ist für uns kein Thema mehr«, heißt es versöhnlich und selbstbewusst auf der Homepage der Fuckparade. Es gibt, wie gesagt, andere Probleme. Den juristischen Streit darüber, wie eine politische Meinungsäußerung auszusehen hat, führt Martin Kliehm stellvertretend für viele andere. Seit August 2001 sind zwei Hauptverfahren über den Demonstrationsstatus der Fuckparade beim Verwaltungsgericht Berlin anhängig. Verhandlungstermine wurden noch nicht festgelegt, der Weg durch die Instanzen kann Jahre dauern.